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Anders
sein - als Vorteil
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Ein Vortrag von Santuṭṭho
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Dafür ist es notwendig, einen Punkt zu bestimmen, ein Raster zu benennen, von wo aus wir dann das so genannte Anders betrachten. Dieser Ausgangspunkt wird üblicherweise mit Normal bezeichnet. Normal bedeutet, der Norm entsprechend, also regelrecht, regelmäßig, gewöhnlich, üblich, landläufig - aber auch: geistig gesund. Und genau hier müssen wir einsetzen, um Klarheit zu erlangen: im Geist. Und zwar in unserem eigenen! Wir Menschen leben miteinander in einem ständigen Kompromiss - und eben dieser gesellschaftlich gefundene, eher aber gemachte Kompromiss ist das, was als normal gilt. Also was die Norm ist. Jedes abweichen davon gilt eben als nicht normal. Jetzt ist das, was man Toleranz nennt, gefragt. Wie weit darf von der Norm abgewichen werden, ohne dass es schädlich ist? Wer legt das fest? Wer also bestimmt, was normal ist und was nicht? Im Buddhismus gibt es auch Normen. Ethische Grundregeln, die es zu beachten bzw. einzuhalten gilt. Normal ist das Einhalten der grundlegendsten fünf Tugendregeln also, nichts Lebendiges töten, nichts nehmen, was einem nicht gegeben wurde, keine unheilsamen sexuellen Kontakte, keine üble Reden, den Geist nicht trüben. Das ist das Allermindeste, was als Ausgangspunkt für "normal" gelten sollte. Würde sich jeder daran halten, so wären alle Menschen eben normal, der Norm entsprechend - der sittlichen, ethischen Norm. Sie dürfen ruhig lachen. Wer von uns kann jetzt von sich sagen, er sei normal? Machen wir nicht schon hier, bei diesen grundlegendsten Regeln Abstriche, über uns selber gegenüber große Toleranz? Natürlich nicht den anderen gegenüber - DIE sollen normal sein! Wir üben noch. Ja, die Anderen... Bei Kindern fällt es uns wohl am meisten auf: Immer sind die anderen schuld. Schauen wir uns selber an, prüfen wir unsere eigenen Reaktionen auf was-auch-immer, so müssen wir seltsamerweise auch eingestehen, dass wir die Tendenz haben, dass immer die anderen oder eben die äußeren Umstände schuld sind. Beeindruckend - oder? Es ist wirkliche höchste Zeit, damit aufzuhören. Hören wir auf, immer anderen die Schuld zu geben. Überhaupt dürfte es gar keine Schuldfrage erst geben. Denn laut buddhistischer Erkenntnis ernten wir ja nur das, was wir selber ausgesät haben. Ganz einfach. Das Problem ist nur, eben das zu erkennen. Von akzeptieren und damit leben ganz zu schweigen. Zitat Dr. Dahlke: Ruhe und Einsamkeit sind die Vorbedingung alles wirklichen Denkens. Zu beiden aber lässt es die Art der modernen Lebensführung kaum noch kommen. Dieser blinde Kampf ums Dasein, diese immer neuen Güter der Zivilisation, mit welchen uns eine aufs höchste entwickelte und nie rastende Technik überschüttet, entfremden uns uns selber immer mehr, machen einen Verkehr des Einzelnen mit sich selber, ein Alleinsein mit sich selber, fast unmöglich. Die moderne Zivilisation mit ihrem Drang nach außen hin hat es zustande gebracht, dass nichts uns fremder geworden ist, als wir uns selber. Und trifft der Einzelne einmal durch irgend einen Zufall mit sich selber zusammen, so weiß er nichts mit sich anzufangen - das Alleinsein mit sich selber macht ihm Langeweile oder Beängstigung und mit um so größerer Entschlossenheit stürzt er sich auf das Andere, auf den Andern. Weil wir uns selber nicht erkennen, und darum in uns selber kein "Ziel" des Lebens finden können, deswegen diese Sucht, es in der Arbeit, im blinden Kampf ums Dasein zu finden, in dem wir selber uns immer wieder neue Ziele setzen. In dieser irrigen Auffassung ist "Arbeit" zum Laster der modernen Zivilisation geworden, das uns hindert zu uns selber zu kommen. Der Einzelne muss sein eigenes Wesen begreifen, muss begreifen, dass es fruchtbringend, segensreich ist, bei sich selber zu sein, sich auf sich selber zu besinnen, um diesen Verkehr mit sich selber zu suchen. Weil wir nicht mit uns selber verkehren, lernen wir unseren eigenen Wert nicht kennen - der selbe ergibt sich ja erst im Begreifen unserer Selbstverantwortlichkeit - und weil wir den eigenen Wert nicht kennen, verlieren wir immer mehr die Neigung mit uns selber zu verkehren, ziehen es vor, in einer mehr oder weniger geistreichen Begriffswelt zu leben die den Wirklichkeitssinn immer mehr verkümmern lässt. Eine Änderung, ein Umschwung in diesem fehlerhaften Kreislauf kann hier nur durch Zeigen der wahren Lehre kommen. Der gewöhnliche Mensch wird über diese Darlegung nur lachen oder sich gegen sie empören. Er kann eben nicht begreifen, dass man Lebens-Möglichkeiten unbenutzt lassen kann, ebenso wenig wie ein hungriger Handwerksbursche begreifen kann, dass man einen schmutzigen Groschen am Wege unberührt lassen kann. Unserer Zeit mit ihrer Hast und ihrer Oberflächlichkeit ist der Mönchsstand fremd geworden, und doch ist keine wahre Verinnerlichung, keine wahre Besinnung, keine wahre Kultur möglich ohne ein recht verstandenes Mönchstum. Nichts zeigt den kulturellen Tiefstand einer Zeit so sehr wie das Fehlen des Mönchstums, das Fehlen jenes Dranges nach dem Alleinsein mit sich selber, das Fehlen des Mutes, die Gefahren dieses Alleinseins zu bestehen. Mögen die Verhältnisse der Welt sich bald wieder so gestalten, dass sie Raum lässt für den wahren Mönch und ein wahres Klosterleben. Es ist ja klar: Der Brunnen aus dem wir trinken ist vergiftet. Und so geschieht es wohl, dass wir Honig meinen und Wermut geben, dass wir Arznei meinen und Gift geben. Erst muss der Brunnen gereinigt werden, und dann mag es ja wohl sein, dass der Mensch dem Menschen lauteren Trunk bietet; dass die große Liebesgabe wieder unter den Menschen ist, aus der es ja dann klar werden wird, dass dem Menschen nur eines unersetzlich ist: der Mensch! Damit wird das ganze geistige Leben der Menschheit, soweit es nicht Buddhismus ist, zu jener ungeheuren Tragikomik, zu jenem Scherzo triste, als das es sich immer wieder erwiesen hat, da wo es sich anmaßte, den Ablauf des wirklichen Lebens, die Natur bestimmen zu wollen. Alle diese schrecklichen Vergewaltigungs- und Beglückungsversuche des Menschen durch den Menschen, Scheiterhaufen und Richtschwert im Dienste der Menschenliebe, Christentum und Bolschewismus und alle die anderen bunten und schrecklichen Sachen, an denen sich die Menschheit entzückt und entsetzt, sie alle kommen aus dem unerschöpflichen Quell dieses Scherzo triste, das dem Menschen erlaubt, im Dienste der Liebe zu hassen, im Dienste der Wahrheit zu lügen, aus Milde grausam zu sein und jede Unduldsamkeit im Dienste der Toleranz zu begehen - kurz: Mensch zu sein! Zitat ende. Versuchen wir etwas anderes (schönes
Wort - nicht?). Machen wir es kurz: die Idee eines "Ich", und dem zu Folge auch die Ideen von "außen", "andere", "normal" usw. entsteht nur in unserem eigenen Geist. Nirgends sonst. Diese Einbildung ist die in uns am tiefsten eingebläute. Und es ist nur eine Einbildung, ein Konzept. Jetzt müssen wir sehr vorsichtig sein, wie weit wir dieses Konzept auflösen. Im Umgang miteinander, und leider auch gegeneinander, brauchen wir etwas, um uns zu bezeichnen. Eben das "Ich". Es ist also ein Konzept. Belassen wir es dabei. Haben wir die Vorstellung des Ich richtig verstanden, so können wir auch davon ausgehend, die anderen richtig verstehen, richtig mit ihnen umgehen. Das klingt zu einfach. Stimmt. So einfach ist es nicht. Denn der so genannte andere hat ja möglicherweise nicht erkannt, was es mit dem Ich auf sich hat. Ein Dilemma. Eine Zwangslage. Deshalb eben die ethischen Grundregeln. Dort steht nicht "Du sollst dein Ich erkennen" oder "Du sollst nicht unterscheiden zwischen dir und anderen" oder so. Bei den christlichen Menschen, vielleicht auch bei anderen (beachten Sie das Wort zur Unterscheidung) gibt es den Spruch: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Was für ein schöner Spruch. Das funktioniert aber nicht so leicht. Denn: um eben jenen Nächsten zu lieben, lieben zu können, muss derjenige erst einmal sich selbst lieben. Oder? Wie kann jemand, der sich selber hasst, wirklich Liebe, Zuneigung für jemanden anderes empfinden? Auch dass man christlich gesehen nur seinen Nächsten lieben möge, ist etwas mager. Gut wäre es, würde man die anderen lieben, wie sein Selbst. Denn DAS ist es, was wir am meisten lieben. Unsere Idee vom Ich. Daran haften wir am meisten. Nehmen Sie sich mal die Zeit, darüber nachzudenken, und Sie werden feststellen, dass es nicht leicht ist, an sein Ich heran zu kommen. Auch Buddhisten haben hier mitunter diverse Probleme. Und warum? Weil auch sie bloß Menschen sind. Also nichts anderes (beachten Sie wieder dieses Wort) als sie selber. Nun zum etwas praktischeren Teil: Man könnte jetzt die tollsten Kombinationen zusammenstellen, aber wer sich einen kleinen Überblick über den Inhalt eben jener ersten 50 Lehrreden ansieht, der wird wohl kaum auf die Idee kommen, dass es sich um 50 kapitale Lehrreden oder gar um Geschäfts-Suttas handelt. Zum Inhalt: So auch hat der Mönch Mahācunda
diverse Schüler gehabt. Mahācunda hatte wohl diverse Probleme
mit ihnen, denn eines Tages ging er zum Buddha, um sich Rat zu holen.
Was war geschehen? Mahācunda's Schüler waren durch diverse
kleine Fortschritte überzeugt, etwas erreicht zu haben. Es sind
acht Unterscheidungen:
Nun die einzelnen Punkte: Diese 44 Punkte sind, wie schon gesagt, geordnet. Zum ersten soll die Grausamkeit überwunden werden, um überhaupt erst einmal aufnahmefähig zu werden. Warum? Grausamkeit ist ein derart grober Geisteszustand, da ist es einfach unmöglich, etwas Heilsames zu denken, zu sagen, geschweige denn zu tun. Das dürfte wohl sehr klar sein. Tabellarisch behandeln wir nun die
nächsten Geistzustände bzw. -inhalte.
Selbstentsagung sollte man so üben:
44 ist wie ein Rückblick auf Punkt 1 oben, also hinsichtlich Mahācundas Frage wegen seiner Schüler, die noch in Ansichten befangen sind. Die Neigung des Geistes sollte in Richtung heilsamer Zustände sein. D.h. Cittānupassanā, die Geistbetrachtung mag entfaltet werden. Das ist schon etwas tiefer, psychologischer. "Andere werden vielleicht 1-44 sein, wir wollen nicht 1-44 sein." Noch einmal: Besonders am Anfang, also Anfänger im Buddhismus bzw. auf einem spirituellen Weg, haben mit Schwierigkeiten zu rechnen. Wer neu beginnt, bewegt sich aus seinen "altgewohnten" Kreisen heraus, und es ist nicht ungewöhnlich, dass diese Neuen dann erst einmal ziemlich alleine dastehen, oder sich zumindest so "alleine" fühlen. Viele der vorher als "gut" befundenen Handlungen und "Freunde" brechen jetzt weg. Beispiel Alkohol, die so genannten Kumpels, usw. Wie wenn es einen ebenen Weg gäbe, so mag man einen unebenen Weg (visamo magga) vermeiden. "So mag jemand, der 1-44 verfallen ist, mit Nicht-1-44 dieses vermeiden." Also wird versucht bzw. empfohlen gegensätzliche Eigenschaften zu entwickeln. Vermeiden, umgehen, enthalten von 1-44 mögen kurz gesagt die Stichworte sein. Wie alle unheilsamen Geisteszustände nach unten führen, und alle heilsamen Geisteszustände nach oben, genau so "Mag jemand der 1-44 verfallen ist, mittels Nicht-1-44 nach oben gelangen." Hier werden die karmischen Konsequenzen angesprochen. Kurz- oder längerfristig kommt es zum Reifen diverser Früchte. Übrigens: Gutes braucht seine Zeit zum Reifen. Schlechtes reift meist schnell. Daher muss eben auch der Faktor Geduld entwickelt werden. Vor allem der geduldige, liebevolle Umgang mit sich selber. Gerade hier in Europa ein ziemliches Problem. Wir erinnern an den oben genannten Spruch von der Nächstenliebe. Der Buddha gebraucht ein Gleichnis:
(Vers 162) Schluss: Dazu kommt die Ermahnung: (Vers 183) Vielleicht haben wir nun mitbekommen,
warum diese Lehrrede im Buch der "Basis-Lehrreden" beinhaltet
ist. Es geht hier demnach um grundlegende Dinge, das, was im besten
Falle als normal gelten müsste. Und so ist es eben ein Vorteil, wenn
man anders ist, eben nicht normal. Die eventuelle Beschimpfung "der
ist nicht ganz normal" wird zum freudigen Anlass. Wir lächeln - ist das
normal?
Anmerkungen:
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