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Das Mettā-Sutta
in Pāli, und in deutscher Übersetzung

 

Der zukünftige Buddha Maitreya
Museum Preussischer Kulturbesitz Berlin Dahlem


Mettā-Suttaṃ Pāli

1 Karaṇīyam-atthakusalena,
~ yan-taṃ santaṃ padaṃ abhisamecca:
sakko ujū ca sūjū ca,
~ suvaco cassa mudu anatimānī,
2 santussako ca subharo ca,
~ appakicco ca sallahukavutti,
santindriyo ca nipako ca,
~ appagabbho kulesu ananugiddho,
3 na ca khuddaṃ samācare kiñci
~ yena viññū pare upavadeyyuṃ.
"Sukhino vā khemino hontu,
~ sabbe sattā bhavantu sukhitattā!
4 Ye keci pāṇabhūtatthi
~ tasā vā thāvarā vā anavasesā,
dīgha vā ye mahantā vā,
~ majjhimā rassakāṇukathūlā,
5 diṭṭhā vā ye va addiṭṭhā,
~ ye ca dūre vasanti avidūre,
bhūtā vā sambhavesī vā
~ sabbe sattā bhavantu sukhitattā!"
6 Na paro paraṃ nikubbetha,
~ nātimaññetha katthaci naṃ kañci,
byārosanā paṭighasaññā
~ nāññamaññassa dukkham-iccheyya.
7 Mātā yathā niyaṃ puttaṃ
~ āyusā ekaputtam-anurakkhe,
evam-pi sabbabhūtesu
~ mānasaṃ bhāvaye aparimāṇaṃ,
8 mettañ-ca sabbalokasmiṃ
~ mānasaṃ bhāvaye aparimāṇaṃ,
uddhaṃ adho ca tiriyañ ca,
~ asambādhaṃ averaṃ asapattaṃ.
9 Tiṭṭhaṃ caraṃ nisinno vā,
~ sayāno vā yāvatassa vigatamiddho,
etaṃ satiṃ adiṭṭheyya,
~ Brahmam-etaṃ vihāraṃ idha-m-āhu.
10 Diṭṭhiñ-ca anupagamma,
~ sīlavā dassanena sampanno,
kāmesu vineyya gedhaṃ,
~ na hi jātu gabbhaseyyaṃ puna-r-etī-ti.

Mettāsuttaṃ niṭṭhitaṃ

 

Deutsche Übersetzung
(nach Ehrw. Ñāṇapoṇika)

Güte

Dies soll erwirken, wer des Heiles kundig,
und wer die Friedens-Stätte zu verstehen wünscht.
Stark soll er sein und aufrecht, aufrecht voll und ganz.
Zugänglich sei er, sanft und ohne Hochmut.

Genügsam sei er, und sei leicht befriedigt,
nicht viel geschäftig und bedürfnislos.
Die Sinne still, und klar sei der Verstand,
nicht dreist, nicht gierig geht er unter Menschen.

Auch nicht im Kleinsten soll er sich vergehen,
wofür ihn andere, Verständige, tadeln möchten.
Sie mögen glücklich und voll Frieden sein, -
die Wesen alle! Glück erfüll ihr Herz.

Was es an Lebewesen hier auch gibt,
die schwachen und die starken, restlos alle,
mit langgestrecktem Wuchs und groß an Körper,
die mittelgroß und klein, die zart sind oder grob.

Die sichtbar sind und auch die unsichtbaren,
die ferne weilen und die nahe sind,
Entstandene und die zum Dasein drängen, -
die Wesen alle! Glück erfüll ihr Herz.

Keiner soll den andern hintergehen;
Weshalb auch immer, keinen möge man verachten!
Aus Ärger und aus feindlicher Gesinnung
soll Übles man einander nimmer wünschen.

Wie eine Mutter ihren eigenen Sohn,
ihr einzig Kind mit ihrem Leben schützt,
so möge man zu allen Lebewesen
entfalten ohne Schranken seinen Geist!

Voll Güte zu der ganzen Welt
entfalte ohne Schranken man den Geist:
nach oben hin, nach unten, quer inmitten,
von Herzens-Enge, Hass und Feindschaft frei!

Ob stehend, gehend, sitzend oder liegend,
wie immer man von Schlaffheit frei,
auf diese Achtsamkeit soll man sich gründen.
Als göttlich Weilen gilt dies schon hienieden.

In falscher Ansicht nicht befangen,
ein Tugendhafter, dem Erkenntnis eignet,
die Gier nach Lüsten hat er überwunden
und geht nicht ein mehr in den Mutterschoß.

(aus: Sutta-Nipāta, I. 8)

 

 

IV. Anmerkungen dazu

Das Mettā-Sutta findet man im Pāli-Kanon im Sutta-Piṭaka (Korb der Lehrreden), im Khuddaka-Nikāya (kürzere Sammlung), da im Sutta-Nipāta (eine Sammlung von Lehrdichtungen), dort im Uraga-Vagga ("Buch der Schlange"), als 8. Gedicht und auch im Khuddaka-Pāṭha (ebenfalls im Sutta-Piāaka) .

Im Dhammapada-Kommentar zu Vers 40 findet man die selbe Rahmenerzählung.


III (6) Die Erzählung von den fünfhundert Bhikkhus
(Pañcasatabhikkhu Vatthu)

Fünfhundert Mönche aus Sāvatthi reisten, nachdem sie vom Erhabenen ein Meditationsobjekt erhalten hatten, einhundert Meilen (yojana ) weit von Sāvatthi weit fort und kamen an einen ausgedehnten Wald, einem geeigneten Platz für die Meditationspraxis. Die Baumgeister dieses Waldes dachten, wenn Mönche im Wald weilen, dass dies ungünstig wäre für sie und ihre Familien in den Bäumen. So stiegen sie von ihren Bäumen herab denkend, die Mönche würden nur für eine Nacht verweilen. Aber die Mönche blieben bis zum Ende des vierzehnten Tages. Dann kam ihnen ein, dass die Mönche hier bleiben wollen, bis zum Ende der Vassa . In diesem Fall müssten sie mit ihren Familien dann eine lange Zeit auf dem Erdboden leben. So machten sie sich daran, die Mönche fort zu schrecken, indem sie Geistergeräusche erzeugten und als Schreckgestalten erschienen. Sie zeigten sich als Körper ohne Köpfe und als Köpfe ohne Körper usw. Die Mönche waren bestürzt, verließen den Platz und kehrten zum Buddha zurück, dem sie all dies berichteten. Als der Buddha ihre Erzählungen gehört hatte, sagte er, dass dies geschehen konnte, da sie vorher ohne jede Waffe gegangen seien und sie sollten wieder dorthin zurück gehen, bewaffnet mit geeigneter Waffe. So sprechend, gab ihnen der Buddha das gesamte Mettā-Sutta. Die Mönche wurden angewiesen, das Sutta zu rezitieren, sobald sie in die Umgebung des Waldes kommen, und auch wenn sie in das Kloster kommen, immer das selbe zu wiederholen. Die Mönche kehrten in den Wald zurück und taten, wie ihnen geheißen. Die Geister auf den Bäumen empfingen liebende Güte von den Mönchen, hießen sie willkommen und fügten ihnen keinen Schaden zu. Da waren keine Geistergeräusche und Erscheinungen mehr. Derart in Frieden gelassen, meditierten die Mönche über den Körper (kāyanupassanā) und realisierten dessen gebrechliche und unbeständige Natur. Vom Jetavana-Kloster aus, erfuhr der Buddha vom Fortschritt der Mönche und sandte seine Ausstahlung zu ihnen, so dass sie seine Anwesenheit spüren konnten.
Da sagte er zu ihnen: "Mönche, genau wie ihr es realisiert habt, ist der Körper: wahrlich unbeständig und zerbrechlich, gerade wie ein irdener Krug."
Dann sprach er den 40. Vers des Dhammapada . Am Ende dieser Lehrrede erreichten die 500 Mönche die Heiligkeit.

 

Prinzipiell ließe sich das Mettā-Sutta folgendermaßen aufschlüsseln:

1. Wer sollte (Vers 1, Zeilen 1 und 2),
2. mit welchen Eigenschaften ausgestattet (Vers 1, Zeile 3 bis Vers 3, Zeile 2),
3. wie und was praktizieren (Vers 3, Zeile 3 bis Vers 9 Zeile 3),
4. und was ist das Ziel (Vers 10, Zeile 4)?

Zu 1.:

Dies sollte getan werden von jemandem, der wünscht zu verstehen...
Was? Den "Friedens-Ort". Was könnte denn der Friedens-Ort anderes sein, als eben Nibbana? Somit hätte dieses Sutta eine ganz spezielle Aussage für den, der schon eine solche Erfahrung, und sei es auch noch so kurz, gehabt hat. Dann ergäbe nämlich auch "des Heilsamen kundig" einen tieferen Sinn.

 

Zu 2.:

Man findet 15 Eigenschaften, Fähigkeiten, mit denen der Mettā-Übende ausgestattet sein sollte:
1 = sakka fähig, tüchtig
2 = uju aufrecht, aufrichtig, geradlinig
3 = sūjū richtig ~, sehr ~
4 = suvaca nett sprechend, zugänglich sein
5 = mudu mild, sanft, sachte
6 = atimāna ohne Hochmut, ohne Arroganz
7 = santussaka befriedigt, genügsam, zufrieden
8 = subhara leicht zu befriedigen, bescheiden
9 = appakicca wenig Pflichten, nicht viel geschäftig
10 = sallahuka genügsam, einfach, bedürfnislos
11 = santindriya ruhige Sinne, friedvolle Sinne
12 = nipaka weise, intelligent
13 = appagabbha nicht dreist, kühn, frech, unhöflich, unverschämt
14 = anugiddha nicht gierig, wunschlos
15 = na...upavadeyyuṃ nichts tun, was Weise tadeln würden

 

Zu 3.:

Wie und/oder was sollte da praktiziert werden? Wie, bedeutet gegenüber wem, also gegenüber den genannten Wesen, und was bedeutet, eine Gesinnung hegen.

Die Wesen:
1 tasa = sich bewegend, furchtsam, schreckhaft, schwach, zitternd
2 thāvara = unbeweglich, standhaft, stark, fest, beständig
3 anavasesa = komplett alle, restlos, ausnahmslos
4 dīgha = lang
5 mahanta = groß
6 majjhima = mittelgroß
7 rassa = klein
8 āṇu = sehr klein, kleinst
9 thūla = grob, derb
10 diṭṭha = sichtbar
11 adiṭṭha = unsichtbar
12 dūra = fern
13 avidūra = nicht fern, d.h. nahe
14 bhūta = entstanden, existierend
15 sambhavesi = zum Entstehen strebend

Die Gesinnung:
a) sukhino = glücklich
b) khemino = friedvoll
c) sukhitatta = glück-für sich selbst
sukhino vā khemino hontu sabbe sattā bhavantu sukhitatta
Sie mögen glücklich und voll Frieden sein! Glück erfülle ihr Herz!

Wie sieht aber eine solche Gesinnung aus, was ist zu tun dafür?
a) na paro paraṃ nikubbetha = keinen hintergehen, oder hinter dessem Rücken reden,
b) nātimaññetha katthaci naṃ kañci = niemanden verachten, auch wenn er noch so "schlecht" sei (oder war),
c) byārosanā = niemandem zornig sein, warum auch immer, Übles wünschen,
d) paṭigha-saññā = Abscheu wahrnehmend, d.h. Abscheu fühlen gegenüber
e) dukkham-iccheyya = und möge niemandem Leid wünschen.

Wie sollte man dies tun?
Mātā yathā niyaṃ puttaṃ āyu-sā ekaputtam-anurakkhe
Wie eine Mutter mit ihrem Leben ihr einziges Kind behütet, beschützt.

In welchem Maß?
Mettañ-ca sabba-lokasmiṃ ~ mānasaṃ bhāvaye aparimāṇaṃ,
Unbegrenzt (aparimāṇaṃ) voller Wohlwollen (mettañ-ca) mit der ganzen Welt (sabbalokasmiṃ) den Geist (mānasaṃ) entwickeln (bhāvaye).

Zusammengefasst:
Der Geist ist damit zu beschäftigen, Güte, d.h. unendliches Wohlwollen, also liebende Güte (Mettā) auszustrahlen, welche man zuvor in sich selbst entwickelt, kultiviert hat:
I.) in jede nur denkbare Richtung (also dreidimensional):
a) uddha = nach oben
b) adho = nach unten
c) tiriya = quer (inmitten), über Kreuz
himmelwärts, höllenwärts und in jede Richtung der Kompassrose.

II.) frei von Hass, Herzensenge und jeglicher Feindschaft,
a) averaṃ = nicht-feindlich
b) asapattaṃ = keine-Feindschaft hegend

III.) und zwar unbehindert, uneingeschränkt (asambādhaṃ),

IV.) wann immer man von Schlaffheit (midha) frei ist. Midha ist übrigens zusammen mit thīna eines der fünf Hindernisse (pañca-nīvaraṇa).

V.) Und außerdem in jeder der vier Körperhaltungen:
a) caraṃ = gehend
b) tiṭṭhaṃ = stehend
c) nisinno = sitzend
d) sayāno = liegend

 

Zu 4.:

I.) Schon jetzt gilt diese Praxis als "göttliches" Verweilen (brahmam-vihāraṃ). Wobei allerdings göttlich nicht mit dem christlichen Gottesbegriff gleich zu setzen ist. Brahma-vihāra bedeutet genauer gesagt, weilen auf einem Niveau wie ein Brahmane, ein (indischer) Heiliger, bzw. wie der Weltschöpfer nach der indischen Mythologie.

II.) Ist man also mittels dieser Praxis:
a) diṭṭhiñ-ca an-upagamma = frei von (falschen) Ansichten
b) sīlavā = in Sittlichkeit wohl geübt
c) dassan-ena sampanno = zur Erkenntnis geneigt
d) kāmesu vineyya gedhaṃ = hat man Sinnenlust + Gier überwunden
so geht man nicht (na hi) mehr zu einer Geburt (jāti) aus dem Mutterschoß (gabbhaseyyaṃ) ein, was nichts anderes bedeutet, als dass man Nicht-Wiederkehrer (Anāgāmi) wird, eine Stufe vor der Heiligkeit im buddhistischen Sinne.

 

 

Bibliografie:
"Sutta-Nipata - Frühbuddhistische Lehrdichtungen" übersetzt von Ñāṇapoṇika; ISBN 3-931095-06-1
"Khuddaka-Pāṭha-Pāḷi" Ānandajoti, Island Hermitage 2001
"Bibliotheca Indo-Tibetica Series - XX" Central Institute of Higher Tibetan Studies, Sarnath, Varanasi, 2534 B.E 1990 A.D.
"Wörterbuch Pāli-Deutsch" K. Mylius, ISBN 3-7187-0019-0
"Pali-English Dictionary" Rhys-Davids/Stede, ISBN 81-208-1144-5