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Wir brauchen neue Gesinnungen!
 

Ein Beitrag von Kassapa

Aus aktuellem Anlass: Kassapa wäre am 8. Oktober 94 Jahre geworden.


"Auf die Füße kommt unsere Welt erst wieder, wenn sie sich beibringen lässt, dass ihr Heil nicht in Maßnahmen, sondern in neuen Gesinnungen besteht.", hat Albert Schweitzer einmal gesagt. Hat die Welt jemals auf ihren Füßen gestanden oder muss sie nicht endlich auf ihre Füße gebracht werden?

Es sieht eher so aus, als ob die Menschheit gar nicht daran dächte, die Welt auf ihre Füße zu bringen, sondern weiter gedankenlos ihre materiellen Segnungen genießen will. Anscheinend findet sie es ganz in Ordnung, dass die Schätze der Erde rücksichtslos ausgebeutet, ja ganze Landstriche der Verödung preisgegeben werden, während einige Wenige sich maßlos bereichern. Der Regenwald wird abgeholzt, die Meere leergefischt oder verseucht, die Luft verschmutzt, die Böden ausgelaugt. An Mitteln fehlt es nicht, ein weltweites Entwicklungsprogramm durchzuführen, aber das Interesse. Nur der Profit zählt. Ist es da ein Wunder, dass die wirtschaftliche und soziale Schieflage der Welt immer mehr zunimmt?

Und was ist die Ursache? Falsche Gesinnung! Man müsste den Verantwortlichen klarmachen können, dass der langfristige Schaden, den sie verursachen, auch sie treffen wird. Darauf weist ein Ausspruch der Lummi-Indianer Nordamerikas hin, der heute selten zitiert wird, doch nach wie vor gültig ist. Er lautet:
"Wenn der letzte Wald gerodet, der letzte Fluss vergiftet und der letzte Fisch gestorben ist, dann werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann."

Soll es nicht so weit kommen, ist ein radikales Umdenken vonnöten. Doch wo bleibt der Ansatz? Bietet ihn eine Ordnung, in der mafiaähnliche Interessengruppen immer mehr den Ton angeben? Bietet ihn ein neuer Manchesterkapitalismus, der sich immer mehr breitmacht, die Macht der Staaten aushebelt und die Menschen wegrationalisiert? Wohl war der kommunistische Staatskapitalismus die falsche Gegenmacht, aber er war eine, und seitdem er zusammengebrochen ist, gibt es nichts mehr, das der totalen Entfesselung der brutalen Marktwirtschaft entgegenstände.

Die Massen werden durch Fernsehen, Rundfunk und Boulevardpresse eingeschläfert und manipuliert, Konsumgelüste, die kaum befriedigt werden können, werden schon in den Kindern erweckt. Viele verbringen täglich mehr Stunden vor dem Fernseher, als in der Schule. Die Folge ist eine besorgniserregende geistige Zersetzung, die nicht selten zur Kriminalität führt. Sie werden auch als Erwachsene kritiklos mit dem Strom schwimmen, kaum fähig zu eigenständigem Denken. Es gibt jedoch einige Wenige, die nachdenken. Sie stellen sich die Frage, was eigentlich für den Menschen wirklich Wert hat. Sie wenden sich ab und suchen nach neuen Wegen. Ihre Zahl ist im Wachsen begriffen. Vielleicht liegt bei ihnen der zögerliche Ansatz zu einer neuen Geistigkeit, die, vom Individuum ausgehend, immer mehr Menschen ergreift und über Staaten und Kontinente hinweg zu einer neuen Willensbildung führt. Programme zur Weltveränderung haben keine Aussicht auf Verwirklichung, solange es keine neue Elite innerlich veränderter Menschen gibt, die weiß, was sie will. Es gibt keine Institutionen, die eine solche Elite heranbilden könnten, es muss ein neuer Geist entstehen, aus dem sie herauswächst. Die Bedingungen dazu sind gegeben durch den Leidensdruck unserer Zeit. Erstens ist es das Unbehagen und die innere Leere, die der profitorientierte Materialismus im Menschen hinterlässt, und zweitens sind es die unübersehbaren Anzeichen einer herannahenden Katastrophe, die die Menschheit in ihrer Existenz bedroht.

Wir wissen nicht, ob sich diese Katastrophe noch abwenden lässt, doch es hat keinen Sinn, zu resignieren. Wollen wir zu eigenem, fremdem und beiderseitigen Schaden gedankenlos mit dem Strom schwimmen, oder gegen ihn? Wollen wir gegen ihn schwimmen, müssen wir die dazu nötige Kraft in uns heranbilden. Was das Wie anbetrifft, dazu gibt uns wohl die Buddhalehre die besten Anweisungen. Bemühen wir uns in ihrem Sinne, verändern wir uns auf eine Weise, dass unser ganzes Leben zur Abwendung der herannahenden Menschheitskatastrophe beiträgt. Sollte die Welt nicht mehr zu retten sein, dann können wir uns immer noch durch rechtes Leben vor den nachtodlichen Abgründen retten. Es gibt ein Fortleben nach dem Tode, in welchem uns die Folgen unserer Taten treffen. Sollen uns keine üblen Tatfolgen treffen, müssen wir dementsprechend handeln, und das können wir nur, wenn unsere Gesinnung die rechte ist. Sie kommt durch jede Einzelheit unseres Körpers zum Ausdruck, nicht nur durch Worte, sondern auch durch die Art unserer Bewegung, dem Ton unserer Stimme und unsere Kleidung. - Ihr wortloser Einfluss auf Andere ist stärker, als wir denken.

Falsche Gesinnung ist von Gier, Hass, Verblendung und Grausamkeit beherrscht, rechte Gesinnung ist frei von ihnen. In den Texten heißt es: Gier ist ein kleines Übel, schwer zu überwinden, Hass ist ein großes Übel, leicht zu überwinden, und Verblendung ist ein großes Übel, schwer zu überwinden. Von der Gier heißt es, sie sei die, Ursache allen Leidens, denn wo Gier ist, regt sich ein Gefühl des Mangels, und dieses Gefühl quält. Man versucht, Gewünschtes zu erlangen und gerät in Konflikte mit den Interessen anderer. Es gibt Streit zwischen Mensch und Mensch, zwischen Interessengruppen, Parteien, Staaten usw. um Macht und Besitz. Dabei kommt es zu den schlimmsten Gewaltsamkeiten. Man ergreift Partei, doch selten ist die eigene Seite besser, als die andere. Darum tut man gut daran, nicht Partei zu ergreifen. Wirkliche Siege gibt es nicht, denn sobald sich das Kräfteverhältnis ändert, schlägt der Unterlegene zurück, und so beginnt ein nicht enden wollendes Hin- und Her.

Die Gier will an sich reißen, der Hass vernichten, und die Verblendung will nicht sehen. Die Gier ist wie ein Tiger, je größer er wird, desto gefräßiger wird er. Bekommt die Gier nicht, was sie will, regt sich Hass und will vernichten, was sich ihm in den Weg stellt, und die Verblendung macht blind für die Folgen.

Wem nützt es wirklich, wenn Kriege geführt werden und zerbombte Städte und Millionen Tote zurückbleiben? Gibt es einen wirklichen Sieger des zweiteno Weltkrieges? Wer hat den Krieg in Bosnien gewonnen? Nur Leichen für nichts und wieder nichts! Nutznießer sind nur diejenigen, die im Verborgenen die Fäden ziehen, um sich an Tod und Vernichtung zu bereichern. Diese Leute sind jedoch zu verblendet, um zu sehen, dass ihr Nutzen nur ein Scheinnutzen ist, denn der Tod ist kein Ende, und einmal werden sie für ihre Skrupellosigkeit zur Kasse gebeten. Gier ist es auch, die uns von einem Leben ins andere wirft, sodass wir immer wieder Geburt, Alter, Krankheit und Tod erleiden.

Das geschieht folgendermaßen: In jedem Wesen gibt es ein Gieren, unbedingt "da" zu sein. Dieses Gieren wirkt über den Tod hinaus und drängt nach neuem Dasein. Karma, eine willensmäßige Energie, wirkt nach dem Tode nach außen. Stößt es auf einen Embryonalkeim, der ihm zusagt, belebt es ihn und bringt ihn zum Auswachsen, als ob jemand eine Kerze anzündete. So vollzieht sich die sogenannte Wiedergeburt.

Ist alles Daseinsbegehren erloschen, wie es bei einem 'Erleuchteten' der Fall ist, vermag Karma keine Wiedergeburt mehr zu erzeugen, weil ihm die dazu nötige treibende Kraft fehlt. Der zu erwartende Tod wird der letzte sein, und mit ihm endet der Taumel von einer Geburt zur anderen.

Von der Gier und anderen Fesseln frei zu werden ist es, was uns der Buddha zu erstreben lehrte. Wirken wir aber gedankenlos in der Welt mit, in der eine Niedertracht in die andere übergreift, verfehlen wir dieses Ziel.

Zum besseren Verständnis der Zusammenhänge einen Blick auf das Gesetz von Karma und Wirkung!
Karma ist nichts Mystisch-Verschwommenes, sondern Wille, der zum Tun, Reden und Denken antreibt. An sich ist dieser Wille weder gut noch böse, aber er wird es, je nachdem ob er von Gier, Hass und Verblendung oder von Selbstlosigkeit, Güte und Einsicht beherrscht wird. Gier, Hass und Verblendung drängen ihn zu falscher Tat, falscher Rede und falschem Denken, Selbstlosigkeit, Güte und Einsicht aber zu rechtem Tun, Reden und Denken. Jede Handlung formt uns und hinterlässt im Bewusstsein ihre Spuren. Wie unser Bewusstsein, so unser Wollen, unser Karma. Es wird zu einer gut oder übel wirkenden Kraft, die über den Tod hinauswirkt. Der Tod ist kein Ende, sondern eine Verwandlung: Die wirkende Kraft des Karmas verkörpert sich in der Gestalt eines neuen Wesens.

Wir haben bereits gesehen, wie das vor sich geht. Dazu ein weiterer Vergleich: Der Sterbende ist wie ein Rundfunksender. Als Nachhall seiner guten und üblen Taten, die er im Leben vollbracht hat, sendet er ein gutes oder schlechtes Programm aus. Das Karma ist wie die Rundfunkwellen, die von dem Sender ausgehen, und das Wesen, das soeben zum Leben erweckt wird, wie der Empfänger. Ist der Empfänger auf die rechte Wellenlänge eingestellt, empfängt er das Programm, und ein neues Leben in glücklichen oder unglücklichen Lebensumständen nimmt seinen Anfang, als ob ein Radiogerät gute oder schlechte Musik empfinge.

Durch Gier, Hass und Verblendung beherrschtes Karma führt zur Verwandlung in ein unglückliches Wesen in unglücklicher Welt, und von Selbstlosigkeit, Güte und Einsicht beherrschen Karma zur Verwandlung in ein glückliches Wesen in glücklicher Welt. Verwandlung heißt Tod und Wiedergeburt, die unmittelbar nacheinander folgen.
Die Menschenwelt ist die beste Schulungsstätte für den Weg zur Befreiung aus dem nicht enden wollenden Taumel von Verwandlung zu Verwandlung. Hierzu sagt ein Weiser namens Santisaka:
"Mit einem großen Kostenaufwand an verdienstlichen Werken hast du dieses Schiff, deinen Leib, gekauft, um ans jenseitige Ufer des Meeres der Leiden zu gelangen; fahr hinüber, ehe es zerschellt."

Nun muss man sich fragen, was man will: Will man Befreiung oder in unersättlicher Gier den Gütern und Freuden der Welt nachjagen, ohne Rücksicht auf eigenes, fremdes und beiderseitiges Wohl? Wer den Wegen der Gier folgt, lässt nicht nur dieses Schiff zerschellen, sondern zerstört es mutwillig. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass er als Mensch wiedergeboren wird, und niemand kann sagen, wie viele unglückliche Existenzen er noch zu durchwandern hat, bis sein übles Karma verwirkt ist. Wie lange wird es dauern, bis er als Mensch wiedererscheint und in einem neuen Buddhazeitalter den Weg zur Leidfreiheit finden wird, wenn überhaupt. Noch sind wir Menschen und leben in einem Buddhazeitalter, d.h. in einem Zeitalter, in welchem ein Buddha erschienen ist. Unser Zeitalter gilt als besonders glückliches: Vier Buddhas sind schon da gewesen, und ein fünfter ist noch zu erwarten. Der letzte war der historische Buddha. Seine Überlieferung ist noch lebendig, wir können noch auf seinen Wegen das Hoheziel der Leidfreiheit erlangen, und so leben wir noch in einem Buddhazeitalter. Sind Lehre und Überlieferung einmal in Vergessenheit geraten, ist der Weg verschüttet, und eine buddhalose Zeit ist angebrochen. Sie endet mit dem Erscheinen des nächsten Buddha.

Es gilt als ein besonderes Glück, als Mensch in einem Buddhazeitalter geboren zu sein. Diese Chance sollten wir nutzen und nicht unser Menschentum verspielen.

Wer von Gier, Hass und Verblendung beherrscht ist, macht sich selbst und andere unglücklich: Er tötet lebende Wesen, stiehlt, führt ein verantwortungsloses Sexualleben, lügt, sät Zwietracht, schimpft, schwätzt, ist habgierig, boshaft und hegt verderbliche Ansichten. Wohl kann er auf diese Weise erfolgreich sein, ja sogar ein Wirtschaftsboss oder Staatsmann werden. Viele große Gestalten der Geschichte waren in Wirklichkeit niederträchtige Kriminelle. Die Folgen ihrer Taten aber werden irgendwann reif. Wer als Staatenlenker oder Militär Millionen Tote auf dem Gewissen hat, sich als Helfershelfer mitschuldig gemacht hat oder sich an diesem Geschäft mit dem Tode bereichert hat - man könnte noch unzählige andere Möglichkeiten nennen - hat in einer unvorstellbar langen Existenz je nach dem Gewicht seiner Taten Schlimmstes zu erleiden. Selbst wenn man Gestalten wie Hitler, Stalin und andere gefangengesetzt und geköpft hätte, so hätten sie damit ihre Taten noch längst nicht verbüßt. Taten belohnen oder bestrafen sich selbst, teils in diesem Leben, teils im nächsten, teils in einem noch späteren. Tatwirkungen können sogar wiederholt auftreten. Taten, Worte und Gedanken sind wie Zeitbomben im Gelände, die hoch ge hen, sobald sie der eingebaute Zeitzünder zündet. Niemand kann dem entgehen. Aus diesem Grunde brauchte man Verbrecher gar nicht zu bestrafen, denn die Explosionen ihrer selbstgelegten Zeitbomben treffen sie schlimmer, als es der Tod am Galgen oder auf dem Schafott könnte. Doch welche Gesellschaft kann es sich erlauben, Verbrecher einfach laufenzulassen? Auch buddhistische Länder haben eine Gerichtsbarkeit. Je laxer die Justiz, desto dreister die Verbrecher. Man sieht es bei uns.

Natürlich wirken auch gute Taten wie Zeitbomben, jedoch als Glücksbringer und Helfer auf dem Wege. Wer gibt, wird in erfreulichen Lebensverhältnissen wiedergeboren, sittliche Disziplin (sīla) wirkt Schutz, der durch viele Leben hindurch anhält, meditative Vertiefungen bringen innere Stabilität und geistige Läuterung und führen zur Wiedergeburt als übermenschliches Wesen, und wer sich in der Klarblicksmeditation (vipassanā) von einer Einblickserkenntnis zur anderen voran arbeitet, verwirklicht Nibbāna, d.h. er erreicht jene unübertreffbare höchste Erkenntnis, die ihn von allem Leiden befreit. Kein Begehren drängt ihn mehr nach neuer Geburt, und sein Tod wird der letzte sein..

Hierzu möchte Mancher sagen: Wie klug sich der Buddha und die Buddhisten das Gesetz von Karma und Wirkung ausgedacht haben, um dem Menschen Angst vor der bösen Tat einzujagen und ihn somit zum Guten zu zwingen. Wie will man beweisen, dass Karma, eine immaterielle Kraft, sich wirklich nach dem Tode als neues Wesen materialisiert, das die Folgen vergangener Tat erleidet? Ist es nicht einfacher, sich um dieses fiktive Gesetz den Teufel zu scheren und einfach nur das zu tun, was einem in den Sinn kommt? Es sieht doch eher so aus, dass vor der Geburt nichts gewesen ist und mit dem Tode alles zu Ende geht. Warum soll man sich mit ethischem Vorbehalten das Leben schwer machen? Lebe frisch darauf los und gebrauch deine Ellbogen, damit du es zu etwas bringst und dir die Güter und Freuden der Welt leisten kannst!

Ja, so denken viele, und die Auswirkungen sehen wir tagtäglich vor Augen. Sollten alle so denken und handeln, versänke die Welt noch schneller in einem Riesenchaos. Wollen wir eine Welt, in der es sich leben lässt, müssen wir auch das Wohl des Mitmenschen im Auge haben und etwas dafür tun, auch wenn wir glauben, mit dem Tode sei alles zu Ende. Wirkliche Lebensqualität kommt von innen, nicht von außen. Dazu heißt es in den Texten der Buddhalehre: "Der Tugendstarke weilt glücklich, im Glücklichen sammelt sich der Geist und der gesammelte Geist sieht die Dinge, wie sie wirklich sind." Dieser Satz wird nie seine Gültigkeit verlieren. Weiter ist in der Buddhalehre von den vier Unermesslichkeiten die Rede: Güte, Mitempfinden, Mitfreude und Gleichmut. Gleichmut heißt, Erfreuliches und Unerfreuliches gleichermaßen hinnehmen zu können, nicht Gleichgültigkeit. Wer von diesen vier Unermesslichkeiten ergriffen ist, lebt in einer gehobenen inneren Verfassung, und sollte die Mehrzahl der Menschen diese vier üben, wäre die Welt ein glücklicher Platz. Das gilt natürlich mit Einschränkungen, weil sich ja Geburt, Alter, Krankheit und Tod nicht aus der Welt schaffen lassen.

Wir sehen also, dass der Einzelne die Verhältnisse in der Welt mitgestaltet, die Mächtigen und Einflussreichen mehr als die Kleinen, doch können auch die Großen und Mächtigen gegen den Gesinnungstrend der Vielen nicht an. Das beweist der Zusammenbruch der kommunistischen Regime. Sollten die Menschen einmal aufhören, das Geld anzubeten und den Konsum zu vergöttlichen, wird auch der Kapitalismus zusammenbrechen. Es hängt davon ab, wie schnell sich unter dem Leidensdruck in der modernen Welt die Einsicht durchsetzt, dass nur ein Miteinander die Probleme der Welt lösen kann, nicht aber der gnadenlose Konkurrenzkampf um Märkte und Gewinne, der über Leichen geht und auf Mensch und Erde keine Rücksicht nimmt. Geld ist genug da, es ist nur in den falschen Händen. Kommt es zu einem Gesinnungswandel, werden auch Wirtschaftsbosse und Politiker mehr und mehr unter Druck gesetzt. Vielleicht wird auch das immer stärker werdende Interesse an Meditation und anderen geistigen Disziplinen zunehmend eine bewusstseinsverändernde Rolle spielen. So uneinheitlich diese Bewegung auch sein mag, aufhalten lässt sie sich nicht mehr.

Vor Jahren erschien ein Buch mit dem Titel "Die sanfte Verschwörung".
Dass eine solche im Gange ist, lässt sich nicht leugnen, nur hat sie noch keine feste Form gefunden, und darum nimmt man sie nicht zur Kenntnis. Wir alle, die wir auf dem Kissen sitzen, Yoga, Tai Chi, Atemarbeit oder was sonst noch üben, sind Aktivisten eines Gesinnungswandels und somit Verschwörer gegen den materialistischen Ungeist unserer Zeit. Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Managerversammlung und es würde die Frage erörtert: "Wie können wir die Hälfte unserer Belegschaft auf die Straße setzen und trotzdem unseren Umsatz verdoppeln?" - empfänden wir diese Leute nicht als geistlose "Altdenker", beschränkt wie Dinosaurier und ohne Sensitivität für die existentiellen Probleme der Menschheit? Mit welch bornierter Selbstverständlichkeit muten sie ihren Mitarbeitern zu, sich selber überflüssig zu machen? Wenn die Dinosaurier keine Dinosaurier wären, hätten sie längst die Gefährlichkeit der sanften Verschwörer erkannt. Unterminieren diese Unverschämten nicht den Geist, der die alte Ordnung trägt, und sägen sie somit nicht an ihren Stützen? Oh diese Frechlinge! Sollte man nicht jeden von ihnen, den man auf dem Meditationskissen oder auf der Yogamatte erwischt, hinter Schloss und Riegel bringen, damit niemand mehr das beherzte 'Weiter so' der Dinosaurier infragestellt?

Doch selbst den Spitzen-Managern ist nicht ganz wohl in ihrer Haut. Vor längerer Zeit hatte ich ein Gespräch mit einem spirituell interessierten Unternehmensberater, das mich überraschte. Er sagte, gerade die Spitzen-Manager seien die Sensitiven im Hinblick auf die Entwicklung in der Welt. Sie sehen ganz klar, welches Unheil sie mitverursachen, doch funktionieren sie als Schlüsselfiguren in einem Apparat, dessen Funktionsweise sich längst verselbständigt hat und ihnen seine Gesetze aufzwingt. Auch sie wissen, dass die sog. Globalisierung der Weg in eine Katastrophe ist, doch wissen auch sie nicht, wie sie sie abwenden sollen. Auch sie se hen die Unfähigkeit der spätkapitalistischen Weltwirtschaft, über kurz- bis mittelfristiges Gewinnstreben hinauszudenken und die Zukunft der Welt langfristig zu planen. Die Konten von Milliardären und Multimilliardären füllen sich mit schwarzen Zahlen, die bloß noch schwarze Zahlen sein werden, wenn einmal die Erde restlos ausgeplündert ist. Das macht auch ihnen Angst, sofern sie nicht jede Sensitivität in sich abgetötet haben.

Die Notwendigkeit, für eine gemeinsame, weltumspannende Aufbauaktion die ungeheuren, angehäuften Geldmittel freizusetzen, lässt sich nicht übersehen, doch solange Gier und Konkurrenzdenken stärker sind als die Vernunft, wird daraus nichts. Vielleicht trägt unsere sanfte Verschwörung doch dazu bei, die falschen Denkmuster aufzubrechen.

In einem Großraumbüro stellte man die Frage, wer schon einmal meditiert oder wenigstens von Meditation gehört habe. Es waren 50 %. Vollzieht sich da etwa schon der Marsch der sanften Verschwörer durch die Institutionen der Dinosaurier? Sind die sanften Verschwörer schon eine Art fünfter Kolonne, die den geistlosen Materialismus unserer Zeit unterwandert? Möge es so sein.

Machen wir nur nicht den Fehler, alle unsere Hoffnungen in eine neue und bessere Welt zu setzen! Ob sie je Wirklichkeit wird, ist fraglich. So müssen wir uns mit der Meisterung unseres Lebens im Hier und Jetzt begnügen. Ohne sittliche Disziplin (sīla), Sammlung und Weisheit geht es nicht. Zu eigenem, fremdem und beiderseitigen Schutz muss man wissen, warum man nicht mit dem Strom der Unwissenden schwimmt. Die Welt ist nur eine Durchgangsstation, die wir mit dem Tode wieder zu verlassen haben, und dann müssen wir die Suppe auslöffeln, die wir uns eingebrockt haben. Darum:

Hab' acht auf deine Taten, sie folgen dir über den Tod hinaus.
Glück bringen dir die guten, die üblen aber Schmerz und Leid.

Was du auch immer tust, tust du dir letztlich selber an.
Drum frage dich bei jeder Tat: Diese mir antun, will ich das?

Dass es einen Gott gibt, der Taten belohnt und bestraft, wollen die Meisten nicht mehr so recht glauben. Dass es einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Tat und Folge gibt, der sich über unzählige Leben erstreckt, ist dem westlichen Denken fremd. Darum glauben Viele, vor der Geburt sei nichts gewesen und mit dem Tode sei alles zu Ende. Es ist ein Aberglaube, der ganz dem modernen Materialismus entspricht. Er stellt dem Menschen einen Freibrief für die schlimmsten Verbrechen aus: "Man darf alles, man darf sich nur nicht kriegen lassen. Nach dem Tode folgt das große Nichts, und niemand kann mich mehr belangen. Der Mensch lebt nur einmal, und ich will richtig gelebt haben. Darum: Weg mit allen Skrupeln!" Aber Angst hat er trotzdem oder gerade deshalb. Er könnte je geschnappt, lebenslänglich eingesperrt und, je nach dem wo man ihn erwischt, geköpft oder gehenkt werden. Der Gedanke an den Tod erfüllt auch so manchen Hartgesottenen mit Grausen. Sitzt nicht so manchem Mafiaboss in seinem Schlupfwinkel die Angst im Nacken? Ansonsten hätte er keine bewaffneten Leibwächter und nicht alle die raffinierten Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Ist das ein glückliches Leben?

Will man angstfrei leben, unterlasse man alles, was das Gewissen belastet. Man denke Stets: "Ich möchte glücklich leben, und auch andere sollen glücklich sein. Lebende Wesen umbringen, stehlen, sexuellen Exzess, lügen, Zwietracht säen, schimpfen, schwätzen - Ich will es nicht mehr.
Auch will ich keinen Beruf ausüben, durch den Andere ums Leben kommen, um ihre Habe gebracht, missbraucht, belogen, betrogen oder anderweitig geschädigt werden. So brauche ich mich vor Tod und Verhandlung nicht zu fürchten. Mein Geist soll von liebender Güte, Mitempfinden, Mitfreude und innerem Gleichmaß gegen alle Wesen erfüllt sein. So fühle ich mich glücklich, mein Geist kann sich sammeln und das bisher Unerkannte klar erkennen. So werde ich Nibbāna, das Ende allen Leidens, erreichen."

So mancher möchte dazu sagen: "Da muss ich ja ganz furchtbar brav sein, und das will ich nicht. Ich möchte lieber aus dem Vollen leben und hin und wieder mal auf den Putz hauen." Soll er, aber er soll nicht vergessen, dass er nicht allein auf der Welt lebt. Auch für ihn gilt:

"Ich bin der Eigner meiner Taten, bin meiner Taten Erbe, aus ihnen bin ich geboren, mit ihnen bin ich verknüpft, bei ihnen finde ich Schutz. Taten, die ich begehen werde, seien sie edel oder gemein, deren Erbe werde ich sein."

Auch ihm würde es gut tun, wenn er sich über seine Taten Rechenschaft ablegte. Sollte die ganze Menschheit in ihrem Wahn buchstäblich zur Hölle fahren, er wird es nicht, wenn er nichts höllisches auf dem Kerbholz hat. Nach dem Karmagesetz gibt es eine heilsame und eine unheilsame Fährte des Wirkens. Kennt er sie beide, hat er einwandfreie Kriterien für rechtes und falsches Handeln und kann die richtige Wahl treffen. Er muss gegen den Strom schwimmen, und das geht nicht ohne Anstrengung, aber es lohnt sich, weil der Strom für jeden sichtbar einem Abgrund entgegentreibt. Dem Abgrund im Sinne einer künftigen Weltkatastophe kann er zwar nicht entgehen, wohl aber dem Abgrund einer Kette selbstverschuldeter Existenzen von höllischer Furchtbarkeit.

Wer die Gesetze von Ursache und Wirkung verstanden hat, bezweifelt nicht, dass es ein Fortleben nach dem Tode gibt. Wenn der ganze Daseinsprozess ein Entstehen und Vergehen ist, in welchem nichts ohne Ursache und ohne Grund geschieht, so ist es absurd, anzunehmen, vor der Geburt sei nichts gewesen und nach dem Tod sei nichts mehr. Aber man schreit nach Beweisen. Dass es spontane Rückerinnerungen gibt, tun die meisten als Spinnerei ab, noch mehr die Möglichkeit, den Geist so zu schulen, dass er sich nach Wunsch vergangene Existenzen bewusst machen kann. Nach welchen Gesetzen dies funktioniert, ist erklärt, auch die Methode, wie man dies bewerkstelligen kann. Nur reicht die Fähigkeit der Konzentration und Einsicht bei weitaus den meisten Menschen nicht dazu aus, und darum glauben sie, so etwas gäbe es nicht. Es liegt wohl auch daran, dass frühkindliche Indoktrination im Sinne des christlichen Glaubens den Geist der Menschen so konditioniert hat, dass sie sich einen viele Leben übergreifenden Zusammenhang von Tat und Wirkung nicht vorstellen können. Die Wissenschaft, an die viele Menschen so felsenfest glauben, beschäftigt sich nicht mit dieser Frage und kann sie darum auch nicht beantworten. Wer aber meditiert, erkennt den gesetzmäßigen Zusammenhang von Ursache und Wirkung seiner eigenen geistig-leiblichen Ganzheit (nāmarūpa) als etwas, das sich über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erstreckt. Er schaut in die wahre Natur der Dinge hinein und sieht: "So ist es und nicht anders, genau so, wie es der Buddha gelehrt hat." Die Ansichten und Zweifel anderer verunsichern ihn nicht mehr, er hat selbst Einblick gewonnen.

Kommen wir nun zum Schluss! Viele Völker, insbesondere Naturvölker, haben von jeher die Erde als Mutter betrachtet und sie verehrt. Sie waren stets voller Dankbarkeit für ihre Gaben und sind sehr schonend mit ihr umgegangen. Anders die modernen Völker. "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren" sagen die Christen, doch gerade die modernen christlichen Völker behandeln die Erde mit sinnloser Brutalität. Wie könnte es auch anders sein, sie haben ja gelernt: "Macht euch die Erde untertan." So lernten sie nie, die Erde als Mutter zu empfinden. Es heißt auch "Du sollst nicht töten", und doch gehen die Menschen mit der Erde um, wie mit einem Stück Schlachtvieh. In der Buddhalehre gilt Muttermord als eine der schlimmsten Taten. Wer seine Mutter umbringt, wird dafür in einer Unglückswelt schlimmster Art unvorstellbar lange zu leiden haben.

Es heißt auch: "Du sollst nicht stehlen", aber dennoch werden Erde und Mensch ausgeplündert bis zum Letzten. Die Mächtigen reißen alle ihre Güter an sich, und die Machtlosen gehen leer aus. So will es das Recht des Stärkeren. Aber Mutter Erde ist keine gewöhnliche Mutter. Sie ist zwar grenzenlos geduldig, aber wehe, wenn das Maß voll ist! Bald ist es so weit. Sie wird sich der Menschen, dieser ruchlosen Knirpse, zu entledigen wissen, wenn sie es noch lange so maßlos treiben. Dazu eine Geschichte: Zwei Planeten treffen sich im Weltall. Planet A sagt zu Planet B: "Sei mir gegrüßt, wie geht's?" - "Schlecht", sagt Planet B, "ich bin krank, ich habe Homo sapiens." Und Planet A: "Sei unbesorgt, das habe ich auch gehabt, es geht schnell vorüber."

Gewiss ist die Ära Homo sapiens einmal vorbei, doch wollen wir ihr vorzeitiges Ende provozieren? Falls nicht, dann hören wir endlich auf, die Hautkrankheit der Erde zu sein!

Die Warner haben schon längst ihre Stimme erhoben, doch die Massen stellen sich taub. Wollen wir ebenso blind auf das Ende der Menschheit zusteuern? Entziehen wir uns dem, so gut es in der modernen Welt möglich ist! Welch einen Dienst erweisen wir der Erde und den Menschen, wenn wir nicht im Strom der Verblendeten und Gewissenlosen mitschwimmen! Versäumen wir nicht, uns in sittlicher Disziplin, Sammlung und Weisheit zu vervollkommnen, denn das ist der Weg zur endgültigen Leidfreiheit. Wer ihn geht, wirkt zu eigenem, fremdem und beiderseitigen Wohl, ja, zum Wohle der ganzen Welt. Ihn als egoistisch zu bezeichnen ist nichts als ein Ausdruck der Dummheit.

Wem nützt es, wenn wir als gut bezahlte Handlanger von Banken, Bossen, Börsen, Männern, Mächten und Monopolen Dinge tun, durch die andere Wesen direkt oder indirekt, getötet, ausgebeutet, belogen, betrogen oder anderweitig geschädigt werden? Wem kommt es zugute, wenn wir für unsere Taten zur Abwelt wandern und Nibbāna verfehlen? Uns selbst am wenigsten. Seien wir darum nicht selbst unsere größten Feinde, indem wir uns vor den falschen Karren spannen!

Mögen alle Wesen glücklich sein!

 

 

 

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