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Ursache und Wirkung: pañca niyamā
 

Ein Vortrag von

Dhammamuninda Bhikkhu

Berlin, 10. 06. 2018

Der lehrende Buddha.
Darstellung aus Ton, Nepal.
[Privatbesitz]


Eine (Heils-)Lehre muss sich an die Erfordernisse der jeweiligen Zeit anpassen. Das eine ist das Erwachtsein, das andere, den Weg dahin zu lehren. Für Letzteres benutzte der Buddha manche gedankliche Konstrukte (Konzepte), Begriffserklärungen und -aufzählungen und er führte manche neue oder neu interpretierte Begriffe ein. Das Erwachtsein ist an sich überweltlich, irreversibel und unzerstörbar, aber die Lehrbegriffe und Lehrmittel, die ein Buddha benutzt, sind zusammengesetzte Phänomene. Sie entstehen in Abhängigkeit vom jeweiligen Lehrzusammenhang, von der Kultur und vom Verständnis der Zuhörer. Selbst wenn bestimmte Gedanken und Worte, die der Buddha benutzt hat, ein für alle mal auf Pāli festgehalten wurden, bleibt ihre Auslegung vom Verständnis der Schüler abhängig.

Heute machen sich manche die Mühe, bestimmte Zusammenhänge zwischen der Lehre des Buddha und manchen modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen herzustellen, wobei seine Lehre den Erfordernissen und Interessen unseres Zeitalters angepasst wird. Doch schon lange vor unserem naturwissenschaftlichen Zeitalter gab es Unternehmungen, seine Lehre so zu betrachten und darzustellen, dass sie dem jeweiligen Standard von Wissenschaftlichkeit entsprach, wie u.a. die Abhidhamma-Schriften und die antike Kommentarliteratur beweisen. Aus Letzterer stammen die Begriffe bīja-niyama, utu-niyama, citta-niyama, kamma-niyama und dhamma-niyama. Es gibt keine Lehrrede im Sutta-piṭaka, wo diese Begriffe so aufgelistet wurden, aber sie ließen sich für die Kommentare aus den Lehrreden "abziehen", abstrahieren.

Pañca-niyamā sind fünf Sphären, deren Gesetze auf unser menschliches Leben einwirken.

Niyama hat die Bedeutung von Gesetzmäßigkeit, Weltgesetz, Notwendigkeit.

Die Bedeutungen von bīja und utu unterliegen in Verbindung mit niyama unterschiedlichen Interpretationen. Bīja-niyama würde im engere Wortsinn "pflanzliches Gesetz" oder "Gesetz der biologischen Abstammung" bedeuten (bīja = Samen). Die Auslegung des Begriffs wird flexibel gehandhabt und mit folgenden Gebieten in Verbindung gebracht: Körperliche Ernährung, Biologie, organische Chemie, Genetik, genetisches Erbe.

Utu-niyama würde im engeren Sinne bedeuten "klimatische Notwendigkeit" (utu = Temperatur), wird aber im weiteren Sinne verstanden als physikalische Grundordnung der Welt, anorganischer Gesetzesbereich, physikalische Notwendigkeit, Umwelt, bzw. außerkörperliche Zusammenhänge von Ursache und Wirkung, die auf unser Leben einwirken. Manche benutzen das Wort "Klima" im übertragenen Sinne und bezeichnen mit utu-niyama auch das soziale, ökonomische und politische Klima, in dem sich unser Leben abspielt.

Citta-niyama lässt sich als "psychologisches Gesetz" übersetzen und Kamma-niyama als "Karma-Gesetz". Dhamma-niyama unterliegt wegen der Bedeutungsvielfalt von Dhamma wiederum unterschiedlichen Interpretationen: z.B. "spirituelles Gesetz", welches bestimmte Ereignisse im Leben eines Buddha festlegt; "Naturgesetz" im Allgemeinen. Zumal es eine Lehrrede gibt, welche sich damit befasst, soll sie erwähnt sein: Dhamma-niyama-sutta (AN III,134). Sie beginnt mit der Aufzählung dreier Prinzipien, die unabhängig vom Wissen der Menschen bzw. der Aufklärung durch einen Buddha Bestand haben: Es sind die Veränderlichkeit, Unzulänglichkeit und Unbeseeltheit aller Phänomene (anicca, dukkha, anattā). Man könnte dhamma-niyama als "metaphysisches Prinzip" bezeichnen, mit der Bedeutung von "die allgemeinsten Strukturen und Gesetzmäßigkeiten betreffend". (Physis ist auf Griechisch die empirisch erkennbare Natur, meta heißt "höher, darüber oder jenseits von". Anicca, dukkha, anatta treffen nämlich sowohl auf empirische Naturphänomene zu, wie auch auf geistige Phänomene und Übersinnliches).

In Sri Lanka ist mir aufgefallen, dass die Aufzählung der fünf Niyamā zur Allgemeinbildung eines Buddhisten gehört und es wird Wert darauf gelegt. Das hat zwei Gründe. Zum einen sehen die Buddhisten eine besondere Stärke und Überlebensfähigkeit ihrer Religion darin, dass sie sich mit moderner Naturwissenschaft besser vereinbaren lässt, als die monotheistischen Religionen. Dazu gibt es Publikationen wie z.B. "Buddha's Explanation of the Universe" (C.P. Ranasinghe, 1957), wo der Erhabene so dargestellt wird, als habe er alle Geheimnisse des Universums gekannt, in etwa wie ein Universalwissenschaftler.

Zum anderen gibt es eine im menschlichen Gemüt und Denken auftretende allzu enge Ansicht, welche jegliches Erlebnis auf karmische Ursachen zurückführt, also als notwendige Folge früherer Absichten und Taten deutet. Diese Ansicht gilt unter Gelehrten der Theravāda-Tradition als verkehrt, weshalb deren Schüler wissen müssen, dass die Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung, die auf unser Leben einwirken, sich nicht allein auf den Zusammenhang von karma (Absicht, Wirken) und vipāka (Wirkung) reduzieren lassen. Wenn zum Beispiel ein Schmied auf ein glühendes Eisen hämmert, dann ist zwar seine Absicht ein Karma, und eventuell die Zufriedenheit über den Erfolg seiner Mühe ein vipāka, aber die Tatsache, dass sich das Eisen beim Hämmern verformt, unterliegt dem utu-niyama, einem Gesetz der Temperatur und Formbarkeit des Metalls. Wenn uns eine handwerkliche Arbeit gelingt oder misslingt, muss das nicht mit unserem Karma (sagen wir mit ausreichender Bemühung oder Mangel an Bemühung in Zusammenhang) stehen, sondern es könnte z.B. auch von den Wetterbedingungen oder anderen Naturgesetzen abhängig sein.

Ich erkläre manchmal den Schulklassen, die zu Besuch kommen, dass, wenn ich meine Stellung auf dem Stuhl verrücke, das zwar auch eine Handlung ist, die eine physische Folge hat, aber kein Karma, weil sie keine ethische Bedeutung hat. Hingegen hat die Art, wie wir miteinander umgehen, karmische (d.h. Charakter und Lebenslauf bestimmende) Folgen.

Es gibt eine Lehrrede, die gut zum heutigen Thema passt, nämlich das Sīvaka-sutta. (SN 36.21). Die Antwort des Buddha an Sīvaka wird auch zusammengefasst als "Acht verschiedene Ursachen für körperliches Unwohlsein." Der Pilger Sīvaka besucht den Buddha und fragt ihn:

"Es gibt, Herr Gotama, einige Asketen und Brahmanen, die lehren und denken: 'Was immer auch eine menschliche Person an Wohl oder Wehe oder Weder-weh-noch-wohl erfährt [paṭisaṃvedeti], all das ist durch früher Getanes veranlasst [pubbekatahetū].' Was sagt nun aber Herr Gotama dazu?"1

Auf unsere Alltagswirklichkeit angewandt, würde das, was jene Asketen und Brahmanen behaupten, Folgendes bedeuten: Wenn ich an einem Sommertag 33°C Hitze als unangenehm heiß empfinde, liegt die Ursache in früherem Karma; wenn ich eine kühlende Brise als angenehm empfinde, liegt die Ursache in früherem Karma; wenn ich Saures als sauer empfinde, liegt das am früheren Karma. Selbst bei feuchtem Wetter einmal niesen zu müssen, wäre Folge früheren Karmas. Bevor ich die Antwort des Buddha zitiere, sei erwähnt, wie diejenigen (manchmal auch Buddhisten außerhalb der Theravāda-Schule) argumentieren, die sagen: was auch immer der Mensch erlebt, alles ist eine Wirkung früheren Karmas. Sie sagen: "Die Tatsache, dass du als Mensch wiedergeboren wurdest und nicht als Engel oder Tier, hat eine karmische Ursache [womit wir übereinstimmen]. Als Folge deines Menschseins erlebst du 33°C als heiß und Orangensaft als sauer. Und warum musstest du beim selben Wetter niesen und der andere neben dir nicht ? Karma!" Das sind an den Haaren herbeigezogene Begründungen, weil die erwähnte karmische Ursache ja keinen direkten Zusammenhang mit dem aufsteigenden Gefühl hat.

Jemand hat mir einmal gestanden, der Gedanke an das Prinzip von karma-vipāka verursache bei jeder Schwierigkeit ein bedrückendes Gefühl, z.B. "Oh, was habe ich in der Vergangenheit angestellt, dass ich jetzt Ohrenweh haben muss? Da muss eine Schuld sein." Es ist nicht heilsam, auf diese Weise zu denken. Welche psychologische Folge hätte es, wenn wir alles, was wir erleben und empfinden, auf früheres Karma zurückführen? Das hätte eine Egozentrik und einen Fatalismus zur Folge. Auf den schwermütigen Charakter übertragen, hieße das dann "Du bist an allem selber Schuld". Bestimmte Dimensionen des Erlebens, angenehm unangenehm oder neutral, sind tatsächlich Folgen früheren Wirkens, doch trifft das nicht auf alles zu, was wir im Alltag empfinden und erleben.

Der Buddha antwortet dem Pilger Sīvaka, indem er speziell auf das Thema des körperlichen Befindens eingeht:
"Hervorgerufen durch Galle, Schleim, Wind und deren Zusammenwirken, durch Klimawechsel, durch verkehrtes Verhalten durch Unfälle, durch Reife des Wirkens, Sīvaka, steigen etliche Gefühle auf. Das aber ist von einem selber zu merken, wie solche Gefühle aufsteigen. Da nun gehen die Asketen und Brahmānen, Sīvaka, die da lehren und denken: 'Was immer auch eine menschliche Person empfindet an Wohl oder Wehe oder Weder-weh-noch-wohl, all das ist durch früher Getanes veranlasst' über das hinaus, was sie selbst erkennen, und sie gehen hinaus über das, was in dieser Welt als Wahrheit bekannt ist. Darum sage ich von diesen Asketen und Brahmanen: das ist falsch."

"Hervorgerufen durch Galle [pitta], Schleim [semha], Wind [vāta], deren Zusammenwirken [sannipāta], Sīvaka, steigen etliche Gefühle auf." Hier geht es ganz einfach um bīja-niyama. Das sind Gesetze der Biologie bzw. organischen Chemie, die an sich nichts mit Verdienst und Schuld zu tun haben. Der Buddha selbst hatte öfter Blähungen, er litt manchmal an Verdauungsproblemen. Das hat wohl damit zu tun, dass er jahrzehntelang auf Bettelgänge angewiesen war und sich die passende Nahrung nicht aussuchen konnte. Wenn ein westlicher Mönch scharfe Nahrung nicht gut verträgt, erlebt er in einem südasiatischen Land unangenehme Gefühle bei der Nahrungsaufnahme. Fährt er in ein anderes Land, verschwindet das Problem unverzüglich. Welch ein Unsinn wäre es, im Sinne jener Asketen und Brahmanen zu behaupten, Mönche, die mit scharfer Nahrung nicht zurecht kommen und deshalb in Südasien unangenehme Gefühle bei Essen haben, müssen in einem früheren Leben einen Fehler gemacht haben, wofür sie jetzt bezahlen? Jedenfalls sagt der Buddha deutlich: "Jene, die das behaupten, gehen über das hinaus, was sie selbst erkennen [können], und sie gehen hinaus über das, was in dieser Welt als Wahrheit bekannt ist." Mit anderen Worten: Sie haben einen derartigen Zusammenhang von Ursache und Wirkung nicht direkt erkannt, sie spekulieren bloß, und zwar in Missachtung allgemein bekannter biologischer Gesetze von Ursache und Wirkung. Natürlich könnte in bestimmten Fällen ein Problem mit Nahrungsaufnahme karmische Ursachen haben, aber Gefühle, die im Zusammenhang mit Nahrungsaufnahme auftreten, kategorisch früher Gewirktem zuzuschreiben, ist nicht im Sinne des Buddha.

"Hervorgerufen durch Klimawechsel [utupariṇāma], Sīvaka, steigen etliche Gefühle auf." Wenn ein Mensch einen Jet-lag hat, steht das nicht in Zusammenhang mit Karma, weder gegenwärtigem noch vergangenem, sondern mit einer geographischen und zeitlichen Umstellung. Ebenso ist es mit Gefühlen, die im Zusammenhang mit klimatischer Umstellung auftreten. Sie sind dem Gesetzesbereich des utu-niyama zuzuordnen. Wenn wir die Übertragung von 'Klima' auf das politische und wirtschaftliche Klima akzeptieren wollen, dann kann man sagen, dass Schwierigkeiten oder Erleichterungen bezüglich Einreise- oder Aufenthaltsgenehmigung in einem Land, in dem z.B. Meditationskurse angeboten werden, grundsätzlich nichts mit dem Karma der einzelnen Meditierenden zu tun hat, es sei denn, dass der Beamte jemandem überraschend eine freundliche Ausnahme genehmigt.

"Durch verkehrtes Verhalten [visama parihāra], durch Unfälle [opakammika], durch Reife des Wirkens [kamma-vipāka], Sīvaka, steigen etliche Gefühle auf [vedayitāni uppajjanti]." Visama Parihāra ist nicht einfach zu übersetzen, der Begriff deutet auf eine falsche Behandlung und Überlastung des Körpers hin, wie z.B. zu lange stehen, sitzen oder liegen.

Obwohl es auch Karma gibt, also ethisch relevante Absichten, deren Wirkung unmittelbar danach bzw. fast gleichzeitig auftreten, meint der Begriff kamma-vipāka im klassischen Sinne das Reifen von früher gewirktem Karma, also zeitlich weit zurückliegende Ursachen, worauf jene Brahmanen und Asketen die Entstehung alle Gefühle zurückführen möchten.

Opakammika wurde hier mit "Unfälle" übersetzt, meint aber eine plötzlich auftretenden Unpässlichkeit oder Übelkeit. Das könnte z.B. dadurch verursacht sein, dass jemand aus Unwissenheit ein unpassendes Nahrungsmittel aufgenommen hat und dieses im Körper ein Durcheinander anrichtet. (An einer solchen Ursache ist der Buddha letztendlich im Alter von achtzig Jahren gestoben.) Ich möchte aber die deutsche Übersetzung mit "Unfall" nutzen, um über den Bereich des Körpers hinauszublicken. Unfälle sind im Deutschen ja auch Ereignisse, bei denen ein Sachschaden entsteht. Wenn jemand plötzlich erlebt, wie ein Baum umstürzt und auf ein fremdes Haus fällt, kann er oder sie dabei einen Schrecken erleben, ohne jedoch einen persönlichen Schaden zu erleiden. Wieso sollte das unangenehme Gefühl des Schreckens mit dem Karma des Beobachters zusammenhängen? Selbst wenn wir davon ausgehen, dass in unserem Leben "nichts zufällig geschieht", muss man das nicht unbedingt mit Karma begründen. Auf jeden Fall sagt der Buddha zu Sīvaka, dass jemand, der jedes Erleben oder Gefühl auf Karma zurückführt, das nicht aus gesicherter Erkenntnis heraus tun könnte, sondern bloß spekuliert. Nicht umsonst hat der Buddha den Wirkungsbereich des Karma-Gesetzes als acinteyya (unfassbar) bezeichnet (AN IV,77). Karma-Vipāka ist ein Wirkungsbereich, der unser Erkenntnisvermögen übersteigt und den wir (was einzelne karmische Zusammenhänge angeht) nicht durch Grübeln und Spekulieren versuchen sollen zu ergründen.
(Der Bezug auf das Sīvaka-sutta endet hier.)

Citta-niyama kann übersetzt werden mit Kausalität oder Gesetzmäßigkeit im Bereich des menschlichen Geistes und der Psychologie. Man könnte hier im Sinne der buddhistischen Lehre weit ausholen, aber es reicht uns heute, den Bereich im Allgemeinen zu verstehen. Es gibt Gesetzmäßigkeiten in der Entfaltung von Wahrnehmung und Erkenntnis (kognitive Prozesse). Es gibt Gesetze, nach denen unser Denken und unsere Kommunikation funktionieren. Heute kann man wohl viele Erkenntnis der modernen Psychologie diesem Gebiet zuordnen (Erkenntnispsychologie, Entwickungspsychologie u.a.). Dass ein Kind im Unterschied zu einem Erwachsenen bestimmte Dinge nicht verstehen oder verkraften kann, hängt mit Gesetzen der Psychologie zusammen.

Selbstverständlich sind die Gesetzmäßigkeiten des Geistes bei der Entfaltung von Karma im Spiel, nämlich beim Ablauf von Gefühlsempfindungen, Absichten, der Entfaltung von Wille und Reaktion. Jedoch das Karma selbst entfaltet seine Wirkung auch zeitverschoben.

Dhamma-niyama: Die Tatsache, dass jemand stirbt, hat an sich nichts mit Karma zu tun. Vom Karma mögen höchstens Todesart und das Todesalter abhängen. Stirbt jemand besonders leicht und schmerzlos, oder aber qualvoll, mag das ein karmisches Resultat sein. Aber dass er oder sie stirbt, ist an sich keine karmische Folge, weil alles Entstandene so und anders vergehen muss, selbst das unschuldigste Wesen.

Neulich habe ich den Film über Tod und Sterbebegleitung "Griefwalker" gesehen und dem Autor Steven Jenkinson anschließend bei einer Diskussion zugehört. Er sagte, dass Menschen in der nordamerikanischen Kultur ihren religiösen Glauben haben nicht wegen der Naturgesetze, sondern ihnen zum Trotz. Sie befinden sich in einem lebenslangen Kampf damit. Das wird ganz besonders klar, wenn man bedenkt, dass der christliche Glaube den Tod (sozusagen) durch kamma-niyama statt dhamma-niyama begründet, also durch moralische Schuld: "Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt und ihn erfahren alle, die ihm angehören", das sind also die Menschen, die schon im Paradies dem Teufel gehorchten, anstatt Gott (Weish 2,24). Aufgrund dessen bedauern die gottgläubigen Menschen den Tod als etwas, das ursprünglich nicht von Gott gewollt war, das eigentlich nicht sein sollte und das es nicht geben würde, wenn wir brav gewesen wären. Wie könnte man den Tod mit dieser Einstellung als etwas Natürliches annehmen und bejahen können? Das nennt sich falsche Ansicht (micchā-diṭṭhi).

Dukkha: Ich erinnere mich an ein christliches Ehepaar, vor vielen Jahren, ein im Grunde glückliches Elternpaar, das mir anvertraute, sie würden nicht mehr jene glühende Liebe füreinander empfinden wie früher, irgendwie habe sie abgenommen, trotz aller Harmonie. Solche Menschen überlegen, ob sie vielleicht doch etwas falsch gemacht haben, ohne sich dessen bewusst zu sein. Aber sie verkennen dhamma-niyama, das Naturgesetz der Veränderlichkeit allen Daseins. Auch das glücklichste und treueste Ehepaar erlebt, dass sich das Erleben und Empfinden füreinander ständig verändert. Das nennen wir saṅkhāra dukkhata, die Unzulänglichkeit, die sich durch die Veränderlichkeit der Bedingungen ergibt. Wenn jemand für eine teure Uhr nach einiger Zeit nicht mehr dasselbe empfindet wie am Tag, als er sie geschenkt bekam, ist es nicht deshalb, weil er undankbar ist, sondern weil er sich daran gewöhnt hat und die Bedingungen dadurch anders sind.

Vergänglichkeit und Unbeständigkeit, Unzulänglichkeit und Leidbehaftung gehören zu den allgemeinsten Strukturen des Daseins, ebenso wie die Tatsache, dass wir wegen der Veränderlichkeit und des Zusammengesetztseins alles Daseienden von keiner sich gleichbleibenden und - in diesem Sinne - unsterblichen Seele (oder einem beständigem Selbst) sprechen können.2

Im Sinne der Rechten Ansicht lernen wir, Ursächlichkeit richtig zu erkennen und richtig zuzuordnen. Die Unterweisungen des Buddha wurden im damaligen Dschungel von Lehransichten oft als Richtigstellung, Klärung und hilfreiche Anweisung erkannt:
"Der Dhamma ist vom Erhabenen auf vielfältige Weise klar gemacht worden, so als ob er Umgestürztes aufgerichtet, verborgenes enthüllt, einem Verirrten den Weg gezeigt oder in die Dunkelheit eine Lampe gehalten hätte, damit die Sehenden die Dinge erkennen können."

Mögen alle Lebewesen glücklich sein!


 

Anmerkungen:

1

Die Übersetzung von Helmuth Hecker wurde leicht abgeändert.[zurück]

2

Zu "in diesem Sinne nicht unsterblich": Die buddhistische Lehre sagt nicht, dass sich der Geist mit dem Tod des Körpers im Nichts auflöst. Er hat aber kein sich gleichbleibendes Wesen als Grundlage.[zurück]

 

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