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Rechtes
Tun und die Bedeutung der Werke
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Ein Vortrag von Dhammamuninda Bhikkhu Berlin, 10. 05. 2018 |
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In welchem Zusammenhang steht Rechtes
Handeln mit dem buddhistischen Ziel der Befreiung? Hier lassen sich
Missverständnisse beobachten, und zwar weil sich Menschen den
Dhamma selbständig aneignen und keinen kalyāna
mitta (fortgeschrittenen edlen Freund) haben, der ihnen die Zusammenhänge
und Bedeutungen richtig erklärt. Es ist in der Tat so, dass aus
vielen Lehrreden der Eindruck entstehen kann, Rechtes Tun sei vor
allem die Enthaltsamkeit von üblen Handlungen, wodurch das Ideal
einer passiven Lebenshaltung entsteht. Das hat unter anderem damit
zu tun, dass viele Lehrreden an Mönche gerichtet sind. Das Mönchsleben
ist prinzipiell vom Loslassen der Existenz und den Wiedergeburt erzeugenden
Trieben geprägt. Dennoch ist Rechtes Tun auch für Mönche
und Nonnen nicht auf das Unterlassen von Übeln beschränkt.
Es gibt im Mönchsleben eine ganze Reihe an Verpflichtungen, z.B.
gegenüber älteren Mönchen, gegenüber dem Saṅgha
überhaupt und gegenüber den Laien, die den Orden unterstützen.
Das sind Dienste, die von praktischer Hilfe, Reinigungs- und Reparaturarbeiten
bis zum Dhamma-Unterricht reichen. Eine falsche Einstellung entsteht durch falsche Ansicht. Im Unterschied zu manchen anderen Religionen lehrt der Buddha nicht, dass man durch den Verdienst guter Werke in den ewigen Himmel gelangen kann. Man kann zwar durch gute Werke eine langwährende himmlische Existenz erlangen, aber sie ist keine endgültige Erlösung, keine Befreiung vom Kreislauf der Wiedergeburten. Daraus folgern manche, da sie an einer Befreiung vom Wiedergeburtenkreislauf interessiert sind und nicht am Himmel, brauchen sie keine guten Werke, ja sollen sie diese eher vermeiden, weil sie sonst in den Himmel kommen und das Nirvāna verpassen könnten. So formuliert klingt das lächerlich, aber die trügerischen Spiele des Geistes sind von dieser Art. Dahinter verstecken sich Trägheit und Eskapismus."1 Eskapismus
ist ein bequemlicher Fluchtgedanke. Spirituellen Eskapismus gibt es
nicht nur unter Buddhisten. Er entwickelt sich bei spirituell suchenden
Menschen, die mit den Herausforderungen ihres irdischen Lebens nicht
zurecht kommen oder einfach träge sind. Aber das Tun guter Werke
ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, sein Schicksal zu verbessern.
Überhaupt stehen das Tun guter Werke und die letzte Befreiung
aus dem Wiedergeburtenkreislauf durch Erkenntnis (bodhi, vimutti)
nicht im Widerspruch zueinander. Wiederum,
wie stehen gutes Karma und Befreiung zueinander? Man könnte
vereinfacht sagen, dass Handlungen, die nicht ganz selbstlos ausgeübt
werden, Karma sind, während ganz selbstlos getane Handlungen
nur kriya sind. Letzteres ist aber nur beim Arahant
der Fall. Selbst ein Nichtwiederkehrer (Anāgāmī)
hat, vereinfacht gesagt, noch ein wenig Eitelkeit (māna).
Es ist ein weiter Weg bis zur vollkommenen Befreiung, aber wenn wir
das Prinzip verstehen und den Weg dahin erkennen, kommen wir dem Ziel
näher. Es ist nicht möglich, die Erzeugung von Karma
durch Nichtstun aufzuhalten und die Wirkung von altem Karma
einfach auszusitzen! Das wäre nämlich das Karma der Trägheit.
Vielmehr schafft uns gutes Karma günstige Bedingungen,
die Lehre besser zu verstehen und das Heil durch zunehmende Selbstlosigkeit
zu verwirklichen. Gutes Karma mindert oder neutralisiert die
noch ausstehende Wirkungen von altem unheilsamen Karma (vgl.
Gleichnis vom Salz im Wasser, Loṇakapalla-Sutta AN III,101).
Einmal wurde
Ayya Khema gefragt, ob es nicht so sei, dass Menschen Gutes tun und
Spenden errichten, weil sie in den Himmel kommen wollen, also aus
einem egoistischen Motiv heraus. Daraufhin hat sie gesagt, das sei
zwar nicht das höchste Niveau des Geistestrainings aber ein guter
Anfang. Es ist jedenfalls besser, Gutes zu tun, als es überhaupt
nicht zu tun. Selbstloses Tun muss man schrittweise erlernen. Man
kann das wirklich lernen, etwas Großzügiges zu Tut ohne
gleich zu denken "Was krieg ich dafür, was darf ich mir
wünschen?" Dann ist da noch der Unterschied zwischen dem,
der sich eine Belohnung durch irdische Vorteile wünscht, und
dem, der sich wie König Salomo das Geschenk der Weisheit wünscht.
Selbstlosigkeit im Tun üben wir dadurch, dass wir uns nicht in
den Mittelpunkt stellen und nicht aus Geltungsdrang handeln. Das muss
man bei sich selbst ehrlich erkennen und beobachten lernen. Je freier
unser Tun von egozentrischen Motiven ist, um so größer
ist sein Segen. Von besonderem Wert sind nützliche und notwendige
Handlungen, um die wir nicht gebettelt und zu denen wir nicht aufgefordert
wurden. Das kann so etwas Kleines sein, wie einen vollen Müllkübel
zu entleeren. Gerade weil uns niemand bitten oder eigens auffordern
musste, hat die Handlung einen besonderen Wert. Das verstehen manchen
Menschen nie, sie tun etwas nur, wenn man sie bittet, und oft nicht
einmal dann. Natürlich macht man so eine unaufgeforderte Handlung
nicht in einem Haushalt, wo man zum ersten Mal zu Gast ist, aber zumindest
dort, wo man öfters einkehrt und auch etwas bekommt. Ein Problem
für uns Menschen ist der Mangel an Motivation. Gutes zu tun kann
anstrengend sein und mit Entsagung einhergehen. Die erfreulichen Resultate,
also den "Lohn", erleben wir nicht immer unmittelbar. Besonders
wenn der Geist verunreinigt ist, spürt er Trägheit und empfindet
Entsagung und Anstrengung als sehr unangenehm. Je gereinigter der
Geist ist, um so leichter fällt ihm das Tun des Guten und um
so mehr liegt für ihn die Belohnung im Tun selbst, nicht erst
in der Anerkennung von außen oder in sichtbaren Belohnungen.
Übrigens gibt es ein interessantes Wort im Deutschen: "Für
seine Mühe entschädigt werden" setzt voraus,
dass wir empfinden, unsere Mühe habe uns einen Schaden zugefügt. Man könnte
nicht Rechte Rede üben, wenn man nur schweigt. Ebenso kann man
nicht Rechtes Tun üben, wenn man sich hauptsächlich passiv
verhält. Es ist unser Ziel, heilsames Handeln zu erlernen, weil
es uns und anderen Segen bringt. Manche Menschen sind zu aktiv und
handlungsorientiert, manche zu passiv und träge. Jeder muss das
entwickeln, was ihm zur Vollkommenheit fehlt. Was sind
Kriterien heilsamen Handelns? Eine etymologische Meinung besagt, dass
ku-sala die Bedeutung hat von "das Unreine entfernend",
also den Geist klärend und erhebend. Gutes tun macht den Geist
licht und froh. Das Heilsame steht in Harmonie mit den Gesetzen des
Lebens und des Zusammenlebens. Rechtes Tun heißt nicht, dass
man es allen recht machen muss, denn das ist nicht möglich. Aber
wir nehmen Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer und handeln
nicht rücksichtslos. Die Befreiung
aus dem Kreislauf der Wiedergeburten ist nicht etwas, das selbstverständlich
jeder in diesem Leben erreichen kann. Viele möchten das gar nicht,
denn das Loslassen von Existenz macht ihnen Angst oder aber sie können
es nicht verstehen. (Oft haben Buddhisten im Westen trotz aufrichtigen
Interesses am Buddhismus aufgrund der ihnen kulturell tief eingeprägten
Denkmuster erhebliche Schwierigkeiten, die Gedanken des Buddha richtig
zu verstehen. Sie gehen fälschlicherweise davon aus, dass alle
Religionen mehr oder weniger dasselbe sagen und wenden abendländische
Denkmuster auf die Buddha-Lehre an.) Der Saṃsāra
lässt nicht einfach jeden los, der das möchte. Es müssen
zuerst die Bedingungen dafür geschaffen werden. Wir haben im
Laufe unserer vielen Leben durch verkehrtes Tun einerseits Schulden
gemacht2
und andererseits bestimmte Tugenden noch nicht zu einem so hohen Maß
entwickelt, dass wir Existenz loslassen könnten (paramī).
Wovon wir bloß davonrennen, das läuft uns nach. Die Verwirklichung
der befreiende Erkenntnis oder Gnosis (añña)
bzw. des Erwachens (bodhi) ist das Ergebnis vieler vollzogener
Schritte des Loslassens und Überschreitens von "ich"
und "mein". Die Übung rechtes Tuns macht beides möglich:
ein besserer (d.h. angenehmerer und lichtvollerer) und auch ein selbstloserer
und freierer Mensch zu werden. Diese beiden Aspekte der Geistesentfaltung
werden als "Selbst-Transformation" und "Selbst-Überschreitung"
bezeichnet. Der Buddha
hat zwar gesagt, es gebe keinen noch so langlebigen Himmel, der nicht
einmal enden würde. Aber er hat nicht gesagt, es sei grundsätzlich
töricht, nach dem Himmel zu streben. Was wir als Himmel bezeichnen
und im Herzen als lichtvoll und edel empfinden, ist das günstige
Ergebnis guter Taten und sittlichen Lebens. Wenn den Mönchen
ein gutes Werk getan wird, sprechen sie folgende Segnung aus: Āyurārogiya
sampatti, sagga sampattimevaca, atho Nibbānasampatti, iminā
te samijjhatu.
Mögen
alle Lebewesen glücklich sein!
Anmerkungen:
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