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Sind
Buddhisten "Außerirdische"?
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Ein Vortrag von Ingrid Johnen |
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Tja, was sind denn "Buddh-isten"?
Außerirdische, alles Erleuchtete, Wesen ohne Gefühle, Triebe,
Anhaftungen, Wünsche usw.? Nachdem ich dann meine Achtsamkeit etwas mehr auf dieses Thema lenkte, stellte ich zu meinem Leidwesen fest, dass nicht nur "Nicht-Buddhisten" so denken. Mir fielen Gespräche
und Begebenheiten mit Dhammafreunden ein, wo einige versuchten, sich
und vor allem seine/ihre "Fortschritte" in irgend einer
Form, sei es verbal oder durch sein/ihr Verhalten zu präsentieren,
sich zu profilieren. So als wolle man zeigen, dass man ein "guter"
Buddhist ist, dass man ganz, ganz viel weiß und schon der Erleuchtung
nahe ist. Nur noch ein klein wenig fehlt, aber das werde man doch
auch noch erreichen. Zumindestens der "Stromeintritt"1
in diesem Leben muss doch machbar sein. So als gelte es einen Wettkampf
zu gewinnen. Der Buddha zeigte uns den Weg zur eigenen Leidbefreiung. Doch manche, scheint mir, setzen sich derart unter Druck um einem Idealbild an "Äußerlichkeiten" zu entsprechen, dass sie gar nicht mehr so richtig für sich selbst erkennen, was der Buddha uns eigentlich lehrte. Sie fügen sich unnötige Leiden beim sogenannten "Fortschrittmachen" zu, anstatt zu erkennen, wie das ganze denn wirklich funktioniert. Sie geben sich keine Zeit und ohne sich Zeit zu nehmen ist keine Rechte Achtsamkeit2 - ich verweise auf den achtfachen Pfad - möglich. Aber wie soll man ohne Achtsamkeit irgend etwas in sich oder um sich herum erkennen, geschweige denn ändern? Geht man zu Fuß durch einen Wald erkennt man das kleinste Tier, eine Blume, ein Blatt, einen Pilz usw. Fährt man mit einem ICE durch den Wald, kann man noch nicht einmal die Bäume auseinander halten. Man sieht nur erdfarben und grün, aber kaum Konturen. Auch wir sollten das Tempo verlangsamen um genau hinsehen zu können. Jeder Mensch ist anders, hat sein eigenes Karma, hat sein eigenes Tempo. Keiner ist vergleich- oder messbar mit einem anderen. Was ist also ein "Buddhist"? Ein Buddhist ist ein Mensch (!), der versucht genau hinzuschauen. Bei sich selbst und um sich herum. Er versucht Dinge zu erkennen. Er erkennt und benennt sie für sich als heilsam oder unheilsam. Er versucht an sich zu arbeiten, indem er möglichst ein ethisch korrektes, von schlechtem Gewissen befreites Leben führt. Denn ohne Gewissensruhe ist kein genaues Hinein-schauen, Durch-schauen z. Bsp. in der Meditation möglich. Es ist eine der Grundvoraussetzungen. Aber da fängt es bei den meisten schon an schwierig zu werden. Es scheint erst einmal recht einfach zu sein, die fünf buddhistischen Grundregeln des ethisch korrekten Verhaltens im Laienleben einzuhalten.
Aber schauen wir sie uns doch einmal genauer an. Kein Lebewesen töten
oder verletzen. Nichtgegebenes nicht nehmen. Keine unheilsamen sexuellen
Beziehungen pflegen und sich im rechten Umgang mit den Sinnen üben. Nicht lügen oder unheilsam
reden. Sich nicht durch berauschende
Mittel das Bewusstsein trüben.
Wir sehen also, die einfachsten Grundregeln sind schon für die meisten eine große Herausforderung. Trotzdem setzen sich manche oft mit "hoch" gesteckten Zielen, wie "Stromeintritt erlangen", das erreichen aller Jhanas3 usw. unter Druck, anstatt Schritt für Schritt und mit Achtsamkeit ein erkanntes Fehlverhalten nach dem anderen zu analysieren, um es dann mit der Zeit und mit Geduld abzustellen. Auch der Stromeintritt ist nicht planbar. Wenn es denn karmisch passt, wird es schon passieren. Machen wir den ersten Schritt zur eigenen Leiderlösung indem wir gütiger und geduldiger mit uns selbst werden. Benutzen wir die so hilfreichen "Werkzeuge" die uns der Buddha dazu gelehrt hat. Beginnen wir mit dem Einhalten des 4. Sila4 "Nicht lügen". Das bedeutet auch, sich nicht selbst belügen. Es ist doch so: belügen wir andere, belügen wir uns selbst am meisten. Wir möchten durch die meisten unserer Lügen etwas darstellen, was wir gar nicht sind. Wir möchten durch Lügen eine vermeintliche Schwäche überdecken und eine Scheinwelt schaffen, die nicht existiert und dadurch sowieso nicht funktionieren kann und wenn, dann nur temporär. Leider hat sich unsere Gesellschaft so entwickelt, dass man ohne Lügen kaum soziale Kontakte auf Dauer pflegen kann. Wir alle kennen die sogenannten "Notlügen". Oft rechtfertigen wir das Lügen auch damit, dass wir andere nur schonen möchten. Manchmal ist die (unsere?) Wahrheit recht hart und Worte können schwer verletzen. Aber da stellt sich dann wieder die Frage, was ist die Wahrheit. Ihr seht, alles gar nicht so einfach. Fangen wir doch so an: Lassen wir die anderen sehen, dass wir uns bemühen und gaukeln ihnen nicht vor, dass wir "alles im Griff" haben und das oft mit solch einer Arroganz. Stehen wir dazu, dass wir Menschen mit Gefühlen, Ängsten und Wünschen sind. Leben wir es den anderen vor, damit auch sie sich sicherer im Umgang mit anderen fühlen können und so sein können wie sie denn wirklich sind. Geben wir anderen durch unser Vor-leben, vor-machen auch die Sicherheit, dass sie sich in unserer Gegenwart nicht profilieren müssen, sondern auch "lockerer" im Umgang mit den eigenen Schwächen werden können. "Nur" weil man sich "Buddhist" nennt, hört das Menschsein mit all seinen Schwächen nicht schlagartig auf und man ist "Leidbefreit". Stehen wir dazu und schichten alles unheilsame Fehlverhalten allmählich ab. "Knechten" wir uns nicht, sondern freuen wir uns über jeden noch so kleinen Erfolg. Gehen wir es mit Ruhe an. Wenn wir "Fehler" machen, leiden wir nicht darunter und machen uns kein schlechtes Gewissen. Das bringt uns nicht weiter. Wir können Getanes nicht rückgängig machen. Erkennen/bemerken wir unser Fehlverhalten, so ist das schon die halbe Miete. Analysieren wir unser Fehlverhalten, wie und wodurch ist es entstanden, wie kam es dazu, was war der Auslöser, gibt es Mechanismen die ihn "zwangsläufig" auslösen usw. usw. und wir werden diesen "Fehler" immer weniger oft machen, bis er gar nicht mehr auftritt. Freuen wir uns darüber. Betrachten wir alles was wir tun mit Achtsamkeit und Geduld. Fahren wir "einen Gang" runter, werden langsamer, damit wir die "Konturen" erkennen können. Lernen wir auch gleichmütiger zu werden. Was in diesem Leben nicht gemeistert wird, wird eben im nächsten Leben geschafft. Wir denken oft in viel zu kleinen Dimensionen. Wie heisst es so schön: "Ein Jahr im Leben eines Menschen ist nur ein Wimpernschlag im Leben der Götter". Des weiteren wissen wir nicht, was wir karmisch gesehen, noch so mit uns herumschleppen. Manche Dinge können wir erst erreichen, wenn es denn karmisch auch passt. Da können wir noch so viel "Wollen" und daran "rum-werkeln". Solange wir uns aber redlich bemühen und "gute" Absichten/Gedanken haben, werden wir keinen Schaden nehmen und brauchen keine Angst um die Zukunft zu haben. Denn alleine das stetige Bemühen, heilsame Dinge (kusala) in unserem Leben überwiegen zu lassen, macht uns zu besseren Menschen und unsere ganze Umgebung zieht einen Nutzen daraus. Die Lebensqualität für uns und andere steigt und das ist schon eine "Leidbefreiung" schlechthin, die wir geschafft haben. Der Umgang mit anderen wird einfach harmonischer und entspannter.
Was bedeutet heilsam /
kusala? Dies bedeutet, wenn wir uns steig bemühen, ethisch korrekt in Gedanken, Worten und Taten zu leben, den achtfachen Pfad verinnerlichen, gesundet unser Geist automatisch, was sich karmisch gesehen auf unsere jetzige und zukünftige Existenzen auswirkt. Indem wir nach und nach Gier, Hass und Verblendung in uns eliminieren, heilen wir uns selbst. Heilung, Gesund-werden bedeutet nicht mehr Leiden, "schmerzfrei" werden, "schmerzfrei" sein. Vergleichen wir es einmal mit einer körperlichen Erkrankung. Nehmen wir z. Bsp eine Gallenblasenentzündung. Sie kann durch eine bakterielle Infektion oder durch Gallensteine ausgelöst sein. Egal welche Ursache einer Gallenblasenentzündung mit einhergehenden Koliken zugrunde liegt, sie ist immer sehr schmerzhaft und leidvoll. Jeder begibt sich bei solch großen Schmerzen sofort in Behandlung, um wieder schmerzfrei, gesund zu werden. Wir tun alles dafür, um die Schmerzen wieder loszuwerden. Wir nehmen Medikamente, halten Bettruhe und eine bestimmte Diät ein, eventuell müssen wir sogar operiert werden. Aber wir tun etwas gegen das Leiden, gegen die Schmerzen. Mit jedem Tag der Behandlung werden die Schmerzen weniger, wir leiden weniger, wir sind auf dem Weg der Besserung, wir werden gesund, haben keine Schmerzen mehr, leiden nicht mehr. Ebenso funktioniert das mit dem "Gesundwerden des Geistes". Wir müssen etwas dafür tun, um (uns) zu heilen. Wir müssen Medizin einnehmen, die manchmal auch bitter schmecken kann. Eine Medizin, ist das ethisch korrekte Verhalten, welches uns Heilung bringt. Ein Verhalten, das nicht nur äußerlich geübt werden muss durch Taten, sondern auch aus unseren Gedanken entspringen und verinnerlicht werden muss, damit eine innere Heilung stattfinden kann, die uns auf Dauer von "Schmerzen", Leiden befreit. Ein körperliches Leiden können wir zwar meist heilen, aber das nächste steht schon vor der Tür und wir können es nicht aufhalten. Wir können die nächste Krankheit vielleicht herauszögern, indem wir z. Bsp. sehr gesund leben, was aber auch keine Garantie ist. Der Körper unterliegt nun einmal dem stetigen Verfall. Er wird einfach verbraucht. Aber die "geistige Krankheit" kann endgültig geheilt werden. Wie es funktionieren kann, hat uns der Buddha aufgezeigt. Er hat uns alle Werkzeuge, Medizin aufgezeigt. Wir müssen bildlich gesprochen, das Rezept, das der Buddha uns gegeben hat, nur in der Apotheke einlösen und die Medizin dann diszipliniert und kontinuierlich einnehmen. Das heisst, wir müssen etwas dafür tun und stetig an uns arbeiten. Ein Buddhist ist also auch "nur" ein Mensch, der versucht achtsam mit sich und der Umwelt umzugehen. Der lernt und übt, die Dinge zu erkennen, wie sie denn wirklich sind, und langsam aber sicher, indem er immer mehr erkennt, der eigenen Leidbefreiung, der eigenen Heilung entgegen geht. Je mehr wir lernen und üben kommen wir immer ein Stück weiter auf dem Pfad, den uns der Buddha aufgezeigt hat. Nur wenige Menschen erlangen "Erleuchtung"5 in diesem Leben. Diese Menschen erscheinen uns dann oft wie "Außerirdische". Sie gehören dann augenscheinlich schon zu Lebzeiten nicht mehr zu dieser Welt, auch wenn die "Körperlichkeit" weiter existiert. Es gibt auch nur wenige Menschen, die durch ein paar Worte oder eine bestimmte Begebenheit, wie an manchen Stellen in den Lehrreden beschrieben wurde, den Stromeintritt erlangen. Dort passte es halt karmisch gerade. Wenn es für euch ein Trost ist: die meisten Menschen müssen hart an sich arbeiten, um "Fortschritte" auf dem Pfad zu machen und so paradox es klingt, manchmal ist der Weg zur endgültigen Leidbefreiung zuerst für viele recht leidvoll und mühselig, eine bittere Medizin, da man sich erst einmal von dem angesammelten "Müll" wie z. Bsp. schlechte Gewohnheiten, auch aus vielen vorherigen Leben, trennen muss. Anhaftungen, schlechte Gewohnheiten, egal welcher Art, hat fast jeder noch. Sich von etwas gewohntem, wenn auch leidvollen trennen ist oft schwierig. Gewohnheiten, angelegte immer wieder greifende Mechanismen erkennen und dann zu eliminieren ist eine harte Arbeit und mit sehr viel Geduld und Anstrengung verbunden. "Erleuchtete" Menschen sind nur für wenige ein Maßstab, eine Messlatte. Sie können für uns eine motivierende Vorbildfunktion haben und uns immer wieder vor Augen führen, dass der Weg, den uns der Buddha aufgezeigt hat, zum Ziel führt. Dass dieser Weg für alle gehbar ist und zum Erfolg führt, wenn er kontinuierlich weiterverfolgt wird. Wann jeder sein (!) Ziel erreicht, hängt von vielen Faktoren ab, die aber nicht immer für uns voll überblickbar sind. Bleiben wir bescheiden und freuen uns über jeden Tag, den wir wieder mit einem ethisch korrekten Verhalten gelebt haben. Zu unserem Nutzen und zum Nutzen aller Wesen. Haben wir Geduld mit uns und anderen. Der Fortschritt geht sowieso nur so voran, wie es denn auch karmisch passt. Seien wir solche "Buddhisten" die anderen zeigen, dass man ein besserer Mensch werden kann. Zeigen wir allen, dass wir daran arbeiten, bessere Menschen zu werden. Versuchen wir allem mit Liebe, Geduld und Mitgefühl zu begegnen. Sind wir aber nicht unglücklich und ungeduldig, wenn es mal nicht so gut klappt. Manchmal dauert es einfach ein wenig bevor es weiter gehen kann. Auf jeder langen Wanderung muss auch einmal eine Rast eingelegt werden. Keiner kann ohne Pausen durchrennen und manchmal sind es eben "Zwangspausen", bevor es dann auf einmal wieder zügig weitergeht. Stehen wir zu unseren noch (!) vorhandenen "Schwächen", akzeptieren wir sie und gehen langsam und achtsam Schritt für Schritt. Der Erfolg stellt sich mit Sicherheit ein. Zeigen wir allen, dass wir Menschen sind. Ebnen wir anderen Menschen den Weg dadurch, dass wir offen und ehrlich mit uns und anderen sind. Schrecken wir andere nicht ab, indem wir ihnen irgend etwas "hochgestochenes" vorleben, was niemand nachvollziehen kann, was uns dann tatsächlich wie "Außerirdische" erscheinen lässt. Der Buddha hat uns einen Weg aufgezeigt, der für alle "Menschen" begehbar ist. Egal wo der Mensch gerade im Leben steht, er kann den Weg einschlagen. Der Weg an sich ist für jeden ein anderer. Für den einen ist er z. Bsp. etwas steiniger als für den anderen. Die Wege, die zum Ziel führen sind so unterschiedlich wie es Menschen gibt und trotzdem ist es immer der gleiche Weg.
Möget ihr alle mit Gleichmut und Geduld euren Weg gehen und glücklich sein.
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Fußnoten:
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