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Ursache und Wirkung als Naturgesetz
 

Ein Vortrag von

Santuṭṭho

 

Eine der Pagoden in den Sagaing Hills, Burma.


Was ist ein Naturgesetz? Was ein Gesetz ist, das wissen wir wohl alle. Was Natur ist, wahrscheinlich auch. Im Wörterbuch steht folgendes: ein Naturgesetz ist eine Regel, nach der ein Geschehen in der Natur verläuft. Natur ist die uns umgebende, nicht geschaffene Welt und die ihr innewohnende Schöpferkraft. Damit haben wir ein Dilemma. Eine Zwangslage. Schöpferkraft bedeutet, dass es einen Schöpfer bzw. etwas schöpfendes, schöpferisches geben muss. Mit den entsprechenden Kräften. Das kommt den Religionen sehr entgegen. Man kann auf diese Weise ganz einfach das, was ist, an jemanden anderen, wen auch immer, delegieren. Sehr bequem also. Des weiteren "die nicht geschaffene" Welt. Gemeint ist wahrscheinlich die vom Menschen nicht geschaffene. Wer hat sie dann geschaffen? Selbstverständlich jemand mit außergewöhnlicher Begabung. Was liegt näher, als zu behaupten, ein Gott hätte dies getan. Eine fast perfekte Ausrede. Passt mir etwas nicht, kann ich etwas nicht erklären, bin ich nicht fähig dazu, so füllt alle entstehenden Lücken ein Gott. Einer ist ja auch einfacher. Wie das Wort schon sagt. Wie viele Jahrhunderte wurden auf diese Weise Menschen ihrer Selbstbestimmung regelrecht beraubt? Eine sehr existenzielle Frage also.

"Von nichts kommt nichts." Diesen Spruch kennt wohl jeder von uns. Es gibt sehr viele solche mehr oder minder schlauen Sprüche. Nur sind wir nicht hier zusammen, um Sprüche zu klopfen, sondern um einmal ganz nüchtern und pragmatisch das uns allen mehr oder weniger klar seiende Gesetz von Ursache und Wirkung zu betrachten.

Dass nichts ohne vorherige Ursache geschieht, leuchtet ein. Dass nichts ohne Auswirkungen bleibt, auch. Nur scheint meist in unserem Geist mit dem Verstehen dieser Gesetzmäßigkeit zu hapern. Da möchte ich mich selber nicht ausschließen. Nur sehr wenige Menschen haben permanent das Wissen, die eigene Erfahrung, darüber verfügbar. Der alltägliche Stress, die Routine, der Konsum lassen diese Erfahrung kaum zu bzw. verdrängen sie, und nur die ureigene Erfahrung ist wirkliches Wissen, lässt Verstehen zu. Auch ist es eine unserer tieferen Gewohnheiten, sie zu verdrängen. Gerne hätten wir, dass alle als angenehm empfundenen Erlebnisse anhalten mögen und die unangenehmen am besten gar nicht erst entstehen. Das ist pures Wunschdenken. Sicher, manche Wünsche werden Realität. Weitaus öfter jedoch nicht. Gute, wie auch schlechte. Was ist gut und was ist schlecht? In wie weit kann man das erkennen? Was ist Wünschen, was nicht? Was kann man beeinflussen, was nicht? Gibt es ein Schicksal? Ist nicht Gott allmächtig und managt alles? Was hat es mit dem Leben auf sich? Warum das alles?

Diese Fragen gibt es nicht erst seit heute. Philosophen haben viele schöne, mehr oder weniger verständnisbringende Gedanken darüber ausgebrütet. Haben darüber Debatten geführt. Möglicherweise gestritten. Egal. Wir selber, und nur wir selber, können versuchen darüber Klarheit für uns selber zu bekommen. Die so genannte Wissenschaft hat so vieles bewiesen. Und will immer mehr beweisen oder versucht es zumindest. Die Wissenschaft ist eigentlich, ganz salopp gesagt, nichts weiter als eine Form des Benennens. Nichts weiter. Dinge, die vorhanden sind kann man benennen. Alles andere ist Spekulation. Was man nicht mit seinen normalen Sinneswerkzeugen erkennen kann, das gibt es nicht. Punkt. Schluss aus. So einfach kann Wisenschaft sein. Leider ist auch das allermodernste Institut, die höchstangesehendste Universität an die Sinnenwelt gefesselt. Was man mittels Apparate und Zahlen nicht beweisen kann, das gibt es nicht. Und dort kommt man zum stolpern. Wie ist das denn mit dem Sehen, unserem wichtigsten Sinn? Was wir sehen, das glauben wir - zumindest fast alles. Bis wir es als Täuschung, als Illusion enttarnt haben. Was macht dann der Blinde? Gibt es für ihn dann nur ein Stück diese Welt? Was macht der Taube? Der ohne Geschmacksfähigkeit? Der ohne Tastsinn? Der, der nichts zusammen-denken kann? Unser Gedächtnis ist unser Hauptsinnesorgan. Dieser Fakt ist unumstößlich. Dem Handeln, dem Sprechen geht das Denken voraus. Das ist uns nur allzu oft nicht bewusst. Leider. Unser gedankliches Sinnen, Streben ist unsere Hauptantriebskraft. Lust nennt man dies landläufig. Lust hat aber meist diesen geschlechtlichen Anstrich, was nicht falsch ist, aber etwas einschränkt.

Willen, das Wollen, und als feinste Äußerung, die Neigung, kann man getrost als unseren Antrieb bezeichnen. Wohin wir uns neigen, was wir anstreben, wollen, das ist es, was als Ursache zu erkennen ist. Hier, und nur hier haben wir die Möglichkeit, die Wirkung zu beeinflussen oder sie ganz aus zu schalten. Das klingt vielleicht großspurig, aber dies ist eine Tatsache, die als ein Naturgesetz unumstößlich ist. Egal ob wir es erkennen oder nicht. Ob wir dafür Beweise haben oder nicht. Wie lässt sich das beweisen, das ist die typische Frage der Wissenschaftler. Nun, ganz einfach: denken wir mal darüber nach! Nicht grübeln, das bringt nichts. Nicht in Worte fassen wollen. Einfach nur verstehen wollen. Einfach analytisch diese Sache betrachten - ohne sich einzumischen. Benennen ist eine Form der Einmischung. Jedem Ding, jedem Vorgang einen Namen geben zu müssen ist eine fast schon krankhafte Absicht. Belastend. Lassen wir einfach mal alles so wie es ist. Warum nicht? Sind wir selber so wichtig, dass wir uns in alles einmischen müssen? Dreht sich ohne uns die Welt nicht vielleicht doch weiter? Kann das, was wir als Welt bezeichnen nicht auch ohne uns sein? Wie weit haben wir schon unser Ich aufgebläht? Wo ist es denn, dieses Ich? Das, von dem wir behaupten "Ich bin"? WAS ist denn da? Was genau bitte schön? Es gibt tatsächlich Menschen, die interessiert das alles gar nicht. Teilweise sogar gewollt. Nun, denen kann man schlecht helfen. Man kann nicht in ein umgestülptes Gefäß etwas einfüllen.

Was da ein ganz normal funktionierender Mensch vor zweieinhalb tausend Jahren aufgedeckt hat, war eben nichts weiter als dieses ganz einfache Prinzip von Ursache und Wirkung. Ist dieses, so wird jenes sein. Ist jenes nicht, so wird dieses nicht sein. Von nichts kommt nichts. Alles hat eine, bzw. wenigstens eine Ursache. Plato hat das auch erkannt: Eine Ursache, eine Wirkung. Das ist nur etwas zu eng gedacht. Viele Ursachen können eine Wirkung haben und eine Ursache kann durchaus viele Wirkungen zeitigen. Wir müssen bestimmt nicht lange nach Beispielen dafür suchen.

Zurück zu den Naturgesetzen: Wir wissen, dass es Gesetzmäßigkeiten gibt, die nicht zu ändern sind. Fakten, gegen die wir nichts tun können. Ob wir sie erkennen oder akzeptieren spielt überhaupt keine Rolle. Sie sind dennoch da. Als Beispiel das Hebelgesetz. Wann es entdeckt wurde, interessiert nicht. Es war schon vorher da. Wird auch weiterhin da sein. Allerdings müssen gewisse Bedingungen dafür da sein. Das ist die Grundlage für alle Gesetze, die es gibt. Es muss etwas da sein. Existieren. Wo nichts ist, da gibt es auch keine Gesetzmäßigkeiten. Unvorstellbar. Wie kann man das beweisen? Gegenfrage: Muss man das beweisen? Wenn ja, wozu? Ändert sich dann etwas? Sicherlich können wir in der uns umgebenden Natur einiges bewirken. Aber Gesetzmäßigkeiten können wir nicht ändern. Sie bestehen unveränderlich in direkter Abhängigkeit mit den dazu gehörenden Dingen. Genau wie wir selber. Ist da ein Körper, so ist dieses und jenes zu tun - sonst passiert dieses oder jenes. Das ist eben so. Ohne Körper keine Krankheit. Ohne Keime keine Infektion. Usw. Hier passt auch ein weiterer, sehr bekannter Spruch: "Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück." Sehr gut! Unter "Wald" sollten wir unsere Umgebung verstehen und unter "rufen" unsere Aktionen in Gedanken, Worten und Handeln. Es muss aber nicht wie beim Echo eine unmittelbare Wirkung eintreten. Damit sich etwas auswirkt, müssen bestimmte äußere Bedingungen da sein. Wenn alles passt, hat man die Wirkung. Weil diese aber nicht unmittelbar als folgend auf der Ursache erkannt werden konnte, meint man, sie sei wie von selbst oder von jemandem anderen hervor gerufen worden. Dies ist übrigens ganz klar der Favorit: Immer ist jemand anderes oder die äußeren Umstande dran schuld. Nur in den allerwenigsten Fällen gestehen wir ein, dass wir selbst Ursache waren. Eine höchst fatale Form der Unwissenheit. Denn tun wir etwas Übles ohne uns über dessen Folgen im Klaren zu sein, also unwissend, so tun wir dies immer wieder. Wir mehren das Üble. Tun wir Übles aber mit dem Wissen, dass es nicht gut ist, so werden wir es höchstwahrscheinlich nicht so oft tun. Unser so genanntes Gewissen schlägt Alarm.

Etwas kniffliger wird es beim Unterscheiden zwischen Körper und Geist. Bei Gesetzmäßigkeiten, die man schlecht mit dem Mikroskop oder der üblichen Apparatemedizin beweisen kann. Aber was man kann, und das kann mit etwas Willen jeder normale Mensch, das ist zu unterscheiden, was materiell und was nicht materiell ist. Zumindest bis auf die feineren Strukturen ist das relativ simpel. Das mag aber heute nicht unser Thema sein. Nehmen wir ein Beispiel: etwas, was wir alle gut kennen: das Wollen. Unser Wille. Kann man schlecht beweisen. Dennoch vorhanden. Zeitweise überkommen uns Gefühle wie Hass oder als Gegenteil Liebe. Schlecht zu beweisen, aber vorhanden.

Im Buddhismus gibt es diverse Methoden, klar zu erkennen, was unsere Natur ist. Was existieren bedeutet. Bewusst verwende ich das Wort Leben nicht. Existenz ist Dasein. Da - sein. Hier sein. Jetzt. Jetzt diese oder jene Regung haben, Gefühle, wollen bis hin zum mal müssen. Ein sog. sehr menschliches Gefühl. Unser Körper ist voll und übersät mit Sensoren. Die Strippen laufen im Kopf zusammen. Unserer Schalt-zentrale. So weit geht die Apparatemedizin mit. Was dann passiert, das lässt sich nicht mehr so einfach darstellen. Sicher, da wird eine Region im Hirn erregt. Dann passiert wieder etwas. Reaktion. Im Prinzip funktioniert alles durch Reaktion. Re - aktion. Wir agieren weniger als wir agieren. Wir agieren aufgrund von. Das ist Reaktion. Unser Dasein ist, ganz einfach gesagt, fixiert auf Vergangenes. Ehe wir reagieren, haben wir den Moment des Anlasses schon hinter uns. Falls wir ihn überhaupt bemerkt haben. Unser Dasein beruht auf Früherem. Grund sind früher geschehene Dinge, eben Ursachen. Ur-Sachen. Von nichts kommt eben nichts. Eigentlich ganz einfach. Heftige Kritik gibt es, wenn man aus dieser Erkenntnis heraus das Existieren eines Schöpfers, eines Gottes verneint. Ganz einfach weil für dessen Existenz keine Grundlage da ist. Keine Ursache sozusagen. Aber es ist sehr bequem, an so etwas zu glauben. Denn beweisen lässt sich ein Schöpfergott nicht. Das ist ein Fakt, der schon vielen Menschen das Leben gekostet hat. Keinesfalls möchte ich hier gegen das Christentum oder irgend eine andere Religion vor gehen. Religion hat seine Daseinsberechtigung. Dafür gibt es einen Grund. Ursachen. Zum einen auch, dass sie gewollt ist, bzw. sogar gebraucht wird. Dass es einen, besser noch, viele Götter gibt, lässt sich auch schlecht beweisen. Aber wenn nur einer da ist, so gibt keinen Grund Gebote aufzustellen wie: "Du sollst keinen anderen Gott haben neben mir." Und das aus dem Mund eines Gottes - falls ein Gott einen hat. Wenn ja, wozu? Isst er etwas? Götterspeise vielleicht?

Vieles in den alten Schriften ist bildhaft, um Menschen etwas verständlich zu machen, weil feinere Strukturen für sie nicht klar erkennbar sind. Aber wir wollen zum Thema zurück kehren. Naturgesetze.

Seltsamerweise finden sich in allen Religionen personifizierte Wesen, Gottheiten. Mal mehr, mal weniger. Man kann also ziemlich sicher glauben, dass es sowas geben könnte. Wissen aber kommt aus erfahren. Selbst erfahren. Wissen kann nicht von außen kommen, sondern muss von innen, im eigenen Geist aufsteigen. Deshalb auch die begrenzte Anzahl der Menschen, die eine sog. "Gotteserfahrung" gemacht haben. Und wer sie gemacht hat, wird sie nicht vergessen. Aber dass jemand die Erfahrung machen sollte, dass er von einem Gott geschaffen wurde, dass können wir für ein Gerücht halten. Dafür stehen uns Mutter und Vater offensichtlich wohl zu nahe. Offen sichtlich. Sichtbar. Seh - bar. Mit dem Sehorgan erfassbar. Die Nervenbahn lang rasend, im Hirn wieder erkennbar. Benennbar. Reaktion: erkennen. Aaaaaber da gibt es ein Problem: Wie beweisen wir, dass es unsere Eltern sind, denen andere behaupten, sie seien Mutter und Vater? Wir glauben es. Wir glauben, was uns erzählt wird. Zumindest so lange, bis wir etwas anderes erfahren. Beweise bekommen, dass es so oder so ist. Auch ein Naturgesetz. Glauben. Ganz grob gesagt ist Glauben also eine Form von Unwissenheit. Denn wenn man etwas weiß, so glaubt man es nicht mehr, man weiß es ja. Es gibt keinen Grund mehr für den Glauben. Wissen entzieht dem Glauben den Nährboden. Wissen macht unabhängig. Wissen ist Macht. Tatsächlich. Macht über seine Natur. Insofern, dass wir erkennen, was unsere Natur ist. Die Gesetzmäßigkeiten, wie Existieren entsteht, verläuft und aufhört. Der Schlüssel zum Verstehen liegt in der Natur. Nämlich in uns selber. In uns. Innen. Im Geist.

Es liegt an uns, besser in uns, in uns selber, ob wir ihn finden wollen, finden, benutzen wollen und benutzen. Dafür benötigen wir nichts weiter als unseren Verstand.

Gebrauchen wir ihn. Dafür haben wir ihn ja schließlich.

Oder etwa nicht?

 

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