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ĀNĀPĀNA SATI - MEDITATION
ĀNĀPĀNA SATI BHĀVANĀ

(ACHTSAMKEIT AUF DAS EIN- UND AUSATMEN)

vom

MEDITATIONSMEISTER
EHRW. MĀTARA SRI ÑĀNĀRĀMA MAHĀ THERA
MĪTIRIGALA NISSARANA VANAYA


übersetzt aus dem Singhalesischen
von
MITHRA WETTIMUNY

deutsch von Aranyaka Chandrasiri

 

Der Ehrw. Mātara Sri Ñānārāma Mahā Thera
Nissarana Vanaya, Meetirigala, 1984
[Bildzitat aus Privatbesitz]


BEMERKUNG DES ÜBERSETZERS

Es war mein Segen die nähere Bekanntschaft des verehrten Autors sowohl als Schüler als auch als Dāyaka während der letzten fünf Jahren genießen zu dürfen.

Der Autor ist für seine Beherrschung der Samatha- und Vipassanā-Meditation (bhāvana) berühmt. Was mir die Inspiration für diese Übersetzung zum Wohl aller englischsprechenden Leser gegeben hat, war sein tiefes Wissen.

In seinem Vorwort bemerkt der Autor, dass dieses Büchlein für den Meditations-Anfänger verfasst wurde. Diese Bemerkung mit dem Hauch von Bescheidenheit ist charakteristisch für den Ehrw. Ñānārāma Mahā Thera. Diese Zusammenstellung wäre in Wirklichkeit auch von immensem Wert für einen fortgeschrittenen Meditierenden.

Mit Mettā,
Mithra Wettimuny

Colombo
19.07.1990


 

Bemerkung der Übersetzerin:

Dieser, nur als "Büchlein" bezeichneter Wegweiser, ist ein besonders wertvolles Schriftstück. Nicht nur Anfänger, sondern auch fortgeschrittene Meditierende sollten die Worte des Ehrw. Ñānārāma Mahā Thera beherzigen.

Weil im Buddhistischen Haus Frohnau/Berlin die englische Version nicht von allen verstanden werden konnte, nahm ich die Aufgabe, die Übersetzung ins Deutsche anzufertigen, mit dem Gedanken den Dhamma auf diese Weise zu verbreiten, gern auf mich.

Mr. Mithra Wettimuny und seine Dhamma-Arbeit ist mir bekannt und ich vertraue seiner Übersetzung vollends.


Mögen alle Leser/Innen diese Unterweisung in ihrer Meditationspraxis erfolgreich benutzen.

Mit Mettā,

Aranyka Chandrasiri


Berlin, 18. September 2002
[Die Genehmigung für diese Veröffentlichung stammt von der Übersetzerin höchstpersönlich - 01.10.2017]


 

EINLEITUNG


Es gibt zahlreiche Meditierende die mit der Praxis vonĀnāpāna-sati (Achtsamkeit auf das Ein- und Ausatmen) begonnen haben, ohne die grundlegenden Prinzipien dieser Meditation verstanden zu haben und dadurch die verschiedenartigsten Schwierigkeiten bekommen haben. Deshalb wurde uns aus verschiedenen Gründen die Wichtigkeit klar, die grundlegenden Prinzipien in einem, auch für Anfänger geeigneten Stil zu erklären. Die Erfüllung dieser Notwendigkeit ist der Zweck dieses Büchleins.

Ānāpāna-sati-Meditation, sofern in der richtigen Weise begonnen und gekonnt weiterentwickelt, wird den Meditierenden durch seine friedliche, erhabene und glückliche Art, dieses Leben bis zum Segen der Jhānas und zum Nibbāna führen.

Mögen Sie deshalb mit dieser außerordentlich fruchtbaren Meditationsübung in der richtigen Weise beginnen. Mögen Sie korrket üben und sich gut entwickeln.

Mit dem Sāsana (der Lehre) im Herzen

Ehrw. Mātara Sri Ñānārāma Mahā Thera


Mītirigala Nissarana Vanaya
10.09.1989 (B.E. 2533)


 

NAMO TASSA BHAGAVATO ARAHATO SAMMĀ SAMBUDDHASSA


ĀNĀPĀNA SATI MEDITATION


Das Wort Ānāpāna wird durch die Kombination zweier Worte: "āna" und "āpāna" gebildet. "Āna" bedeutet Einatmen. "Āpāna" bedeutet Ausatmen. Das Richten der Achtsamkeit auf das Ein- und Ausatmen wird Ānāpāna sati bhāvanā genannt.

 

Was man sich aneignen und was man sich abgewöhnen möge.

Zuerst lasst uns die Vorteile dieser Meditation betrachten. Für einen Anfänger ist Ānāpāna-sati in vielfältiger Weise nützlich. Aus physischer Sicht ist sie besonders gut für das Nervensystem und sein Funktionieren. Denn, falls richtig praktiziert, ruft diese Meditation eine allmählich eintretende Stabilisierung und Beruhigung des Nervensystems hervor. Dementsprechend wird die/der Meditierende Gelassenheit (Frieden) und Leichtigkeit sowohl im Körpers als auch im Geist erfahren. Stufenweise und in Abhängigkeit vom Fortschritt wird diese Leichtigkeit wahrgenommen werden können.

Das Erleben dieser anfänglichen Vorteile wird in manchem Meditierenden den Wunsch auf Beschleunigung der Meditationsübung erwecken. Er/sie wird nach Abkürzungen und unüberlegten Methoden mit dem fragwürdigen Ziel suchen, die körperliche und geistige Beruhigung schneller zu erreichen. Durch die übereilte Suche könnte die Klarheit der Meditationverlustig gehen. Dieser Falle sollte man sich von vornherein bewusst sein, um sie rechzeitig vermeiden zu können.

An diesem Punkt sollte ein Wort von besonderer Wichtigkeit genannt werden: Selbst wenn ein Anfänger die Vorteile der Meditation angenehm empfindet, sollte er/sie dennoch das Sitzen nicht übertreiben. (Genauer gesagt, ein/e Anfänger/in sollte nicht mehr als drei Mal täglich, jeweils mehr als 1 ½ Stunden meditieren.)

Beim Einplanen der Zeiten, die man für Meditation reserviert, mögen die Übungen über den Tag gleichmäßig verteilt werden. Die Zwischenzeiten sollten für die täglichen Aufgaben frei bleiben, die auf keinen Fall von ungeordneter oder aufregender Natur sein sollten oder sonstwie nachteilig für die Meditationsübung. Obwohl ein gewisses Maß an körperlicher Aktivität für den Ānāpāna-sati übenden Meditierenden nötig ist, sollte die Übungen maßvoll bleiben und Kraftaufwand sollte ganz vermieden werden.

Lässt man diese Punkte außer acht, wird die Meditationspraxis ermüdend und unerfreulich sein. Falls die Übung in solchem ermüdenden und unangenehmen Stil weiterbetrieben wird, werden bald unerwartete, jedoch unausweichliche Schwierigkeiten und Komplikationen auftreten. Mit Buddhas eigenen Worte ausgedrückt: "Nāhaṃ bhikkhave mutthassatissa asampajānassa ānāpāna sati bhāvanaṃ vadāmi". D.h.: "Mönche, ich sage Euch, dass Ānāpānasati bhāvana nicht für den Achtlosen ist oder für jemand ohne klaren Verstand."

Wie schon erwähnt, muss man sich diese grundlegenden Punkte bezüglich "Ānāpāna sati" stets vor Auge halten. Ein Zitat des Buddha aus dem Satipaṭṭhāna-Sutta (Majjhima-Nikāya Nr. 10) erklärt die Aufgabe: "Nisīdati pallaṅkaṃ ābhujitvā ujuṃ kāyaṃ panidhāya parimukhaṃ satiṃ upatthapetvā", d.h.: "man setzt sich mit gekreuzten Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit gegenwärtig haltend". Diese Redewendung, die gleichzeitig sowohl die Sitzweise als auch die Körperhaltung beschreibt, ist ein sehr wertvoller Ratschlag, der jedesmal in Verbindung mit Ānāpānasati in den Sutten vorkommt.

Der/die Anfänger/in möge demnach erkennen, dass Ānāpānasati eine Sitzmeditation ist. Er/sie möge dem Ratschlag folgen und die Meditation sitzend, mit einem aufrecht gehaltenen Oberkörper beginnen.

An diesem Punkt möge man sich noch einen anderen Faktor ins Gedächtnis rufen: es ist wichtig die Meditation damit zu beginnen, den Atem nur in seinem natürlichen Fließen zu beobachten. Infolge der Unkenntnis dieses wichtigen Punktes fangen viele Meditierende aus Ungeduld sofort an, wenn sie sich hingesetzt haben, schnell zu atmen, weil sie recht bald den Berührungs-Punkt des Atems klar erfahren möchten. Durch diesen übertriebenen Eifer wird der Atem völlig unnatürlich.

Um diesen Fehler auszuschließen, und um das Ziel richtig zu erreichen, können wir eine Methode empfehlen, die von vielen Meditierenden ausprobiert und für gut befunden worden ist. Die Methode ist folgende: Die Meditierenden mögen sich, wie oben erklärt, also mit gekreuzten Beinen und mit aufrecht gehaltenem Körper hinsetzen, ihre Augen schließen und den Geist auf die Körperhaltung richten. Auf diese Weise werden sie fähig sein, die Form des Körpers stufenweise zu visualisieren. Nun mögen sie untersuchen, ob es wegen übertriebener Anstrengung irgendwo eine Verspannung, Steifheit, oder Schwerfälligkeit des Körpers gibt. Besonders beachtet werden sollte die Haltung des Nackens. Ein gekrümmter Hals beeinflusst direkt den Prozess des Atmens. Die Meditierenden mögen nun darauf achten, dass ihre Augen nicht allzu fest geschlossen sind.

Auf diese Weise wird einem Meditierenden geraten, den Körper zu beobachten, um irgendwelche Fehlhaltungen aufzudecken.

Auch äußerliche Umstände können sich förderlich auf die Meditation auswirken, nämlich die natürliche Umgebung, die ruhig, friedlich, sauber und gut durchlüftet sein sollte. Entsprechend der Lehre des Buddha kann die folgende Analyse des Satipaṭṭhāna-Sutta weitere Aspekte dieser Meditation verständlich machen: "ātāpi sampajano satimā vineyya loke abhijjhā domanassaṃ." ("Man sei ausgerüstet mit unermüdlichem Eifer, nachprüfender Intelligenz und Achtsamkeit, nachdem man Begehren und Kummer gegenüber der Welt überwunden hat.")

Das Wort "ātāpi" bedeutet einer, der/die den Eifer besitzt, um die Befleckungen/Kilesas auszubrennen. Die Meditierenden mögen dafür sorgen, dass sie die mit diesem Wort angedeuteten "vier rechten Anstrengungen" besitzen (Das bedeutet: üble Dinge zu vermeiden und zu überwinden und heilsame Dinge zu erwecken und zu kultivieren, d.i. die 6. Stufe des "Edlen Achtpfades".) Sie mögen sich anspornen, diese Anstrengungen zu kultivieren und weiter zu entwickeln. Was besonders beachtet werden sollte, ist der Wert der ununterbrochenen und ausdauernden Anstrengung.

Falls der eigens dafür aufgewendete Eifer unregelmäßig und nur sporadisch ist, wird die Kraft der Meditation geschwächt. Meditierende mögen darüber nachdenken und regelmäßig, also wenigstens täglich üben. Sollte die geplante Zeit oder Anzahl der täglichen Meditationsübungen einmal nicht durchgeführt werden können, so mögen sich die Meditierenden wenigstens ein Mal pro Tag ihrer Übung widmen. Wenn aber sogar eine einzige Sitzung nicht möglich ist, mögen Meditierende wenigstens für eine kurze Zeit ihren Geist auf das Thema der Meditation richten. Jemand, der nicht den Wert der gleichmäßigen Anstrengung erkennt, wird an manchen Tagen intensiv meditieren und damit zufrieden sein, und an anderen Tagen überhaupt nicht meditieren. Das verursacht einen Rückfall in der Weiterentwicklung der Meditation und würde auch andere Aspekte der Übung beeinflussen und sogar samādhi verhindern. (Samādhi ist eine Geistesverfassung, in der der Geist gut gesammelt, konzentriert und befreit von den 5 Hemmungen weilt.)

Ātapi ist das allererste Wort, womit der Buddha einen unermüdlichen und energischen Meditierenden identifiziert. Anātapi ist das Gegenteil. Nur derjenige, der die Qualität des die Befleckungen vertreibenden ātapi besitzt, wird in seiner Übung Fortschritte machen.

Etwas anderes muss noch im Zusammenhang mit der Anstrengung gesagt werden: man möge nie so übertrieben üben, bis der Geist in Aufruhr gerät. Im Einklang mit dem Ratschlag des Buddha, möge man dafür sorgen, dass Anstrengung und Konzentration ausgeglichen sind.

Sampajano steht für die nachprüfende Intelligenz/Wissensklarheit, die ein(e) Meditierende(r) haben sollte. Eine Beschreibung dieser Qualität wird weiter unten gegeben. Die ersten beiden Aspekte sind besonders förderlich für den reibungslosen Meditationsfortschritt:

1. Sātthaka sampajañña - Wissensklarheit hinsichtlich der Absicht
2. Sappāya sampajañña - Wissensklarheit hinsichtlich der Förderlichkeit
3. Gocara sampajañña - Wissensklarheit hinsichtlich im Meditationsgebiet
4. Asammoha sampajañña - Wissensklarheit hinsichtlich der Unverblendung

Sātthaka sampajañña (Wissensklarheit hinsichtlich der Absicht)
Im Allgemeinen ist auch ein Anfänger fähig, für etwa 15 bis 20 Minuten in einer Position ohne Schwierigkeiten, wie körperlichen Schmerzen, zu meditieren. Unabhängig von Schwierigkeiten wird er dann zum Aufstehen neigen.

Die Meditation zu unterbrechen oder die Position zu wechseln, wirkt sich als großer Nachteil für die Meditationsübung aus. Die Kraft der Entschlossenheit wird geschwächt. Versteht man die Entwicklungsmöglichkeiten einer solchen Situation richtig im voraus, möge man die Absicht des Aufstehens untersuchen, sobald der Impuls dafür aufkommt. Das versteht man unter sātthaka sampajañña - Wissensklarheit hinsichtlich der Absicht.

Wenn der Meditierende bei seiner Untersuchungen die Grundlosigkeit des Aufstehens erkennt, wird er fähig werden, die Meditation für längere Zeit fortzusetzen. Stufenweise wird sich auch die Kraft der Entschlossenheit steigern.

Sappāya sampajañña (Wissensklarheit hinsichtlich der Förderlichkeit)
Diese Eigenschaft hängt mit der eben erwähnten Situation zusammen. In dem Fall, dass die/der Meditierende bei der Untersuchung mit sātthaka sampajañña feststellte, dass er/sie einen Nutzen vom Aufstehen hat, möge sie/er nun untersuchen, ob es für die Meditation selbst förderlich (sappāya) oder nicht förderlich (asappāya) ist. Das ist sappāya sampajañña - Wissensklarheit hinsichtlich der Förderlichkeit. Sollte die/der Meditierende erkennen, dass das Aufstehen für die Meditation nicht förderlich wäre, möge sie/er sich zum Sitzen bleiben entscheiden und weiter meditieren.

Es gibt Anblicke, Geräusche und Assoziationen, die sich auf einen Meditierenden förderlich auswirken. Es gibt auch welche, die das Gegenteil bewirken. Obwohl das Anhören einer Lehrrede im allgemeinem vorteilhaft ist, aus der Sicht der Meditation hat jedoch nur eine sich mit der Meditation befassende Lehrrede wert, um jetzt für sie Zeit aufzubringen. Das ist die zweite Stufe der angewandten untersuchenden Intelligenz, es ist die Wissensklarheit hinsichtlich der Förderlichkeit.

Gocara sampajañña (Wissensklarheit hinsichtlich des Meditationsgebietes)
Diese Eigenschaft bezieht sich auf die untersuchende Intelligenz, die nötig ist, um den Geist eines Meditierenden ausschließlich auf den Gegenstand der Meditation gerichtet zu halten. Die "vier Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit" - Satipaṭṭhāna (Körper, Gefühl, Geist, Geistinhalte) sind das Gebiet der Anwendung im Leben der/des Meditierenden. Sie sind sozusagen ihr/sein ernährender Boden oder ihr/sein Aufenthaltsort.

Asammoha sampajañña (Wissensklarheit hinsichtlich der Unverblendung)
Unter asammoha sampajañña versteht man an sich die Routinetätigkeiten mit einem unverblendeten Geist, also klar bewusst, zuzuwenden. z.B. wenn man beim Gehen denkt "ich gehe", aber trotzdem versteht, dass da kein "Ich" ist; denn so etwas anzunehmen, wäre ein Irrglaube. Wenn man stattdessen ein gehendes "Ich" nur als die [prozesshafte] Funktion der Elemente versteht, ist der Geist frei von Verblendung. Auf diese Weise sollte man seinen Geist trainieren und alle Handlungen als Funktionieren der Elemente betrachten. Das ist der vorbereitende Schritt für ein besseres Verständis der Funktion der Elemente, das einem schließlich mit dem Fortschritt in der Meditation klar werden wird.

Diese vier Aspekte der untersuchenden Intelligenz sind für das meditative Leben nötig. Noch ein paar Punkte sollten erwähnt werden für diejenigen, die manchmal die falsche Ansicht haben, dass sie an manchen Tagen keine Resultate in der Meditation erreichen könnten, und deswegen von ihr fernbleiben. Solche Angelegenheiten muss man mit untersuchender Intelligenz bearbeiten, die zur Überwindung der falschen Ansicht führt.

Satimā beschreibt eine/n, die/der die Fähigkeit der rechten Achtsamkeit besitzt. Diese Fähigkeit sollten Meditierende kultivieren, weiterentwickeln und ständig in ihrer Meditation üben.

Achtsamkeit ist ein besonderer geistiger Zustand, der nicht nur förderlich für ein heilsames Verhalten ist, sondern auch Hand in Hand mit der inneren Entwicklung geht. Alle großen oder kleinen Handlungen mit Achtsamkeit auszuführen, ist eine Fähigkeit, die sich im Geist festigen wird. Einen Rat zu diesem Punkt möge man beherzigen: um Achtsamkeit zu entwickeln, möge man seine Aktivitäten langsam ausführen. Hastige Aktivitäten sind für das meditative Leben nicht förderlich. Jede Handlung muss auch gewissenhaft ausgeführt werden. Dann wird sich die Achtsamkeit entwickeln. Durch gut entwickelte Achtsamkeit wird die Konzentration (samādhi) stabil werden. Mit einer solchen stabiler Konzentration entsteht Weisheit. Das ist der Regel. Und dafür ist die Achtsamkeit die Voraussetzung.

Deshalb sind die drei qualifizierten Begriffe: ātāpi = Anstrengung/unermüdlicher Eifer, sampajāno = überprüfende Intelligenz/Wissensklarheit und satimā = Achtsamkeit heilsame Qualitäten, die von einer/einem Meditierenden erlangt und entwickelt werden sollten. In der selben Redewendung werden zwei unheilsame Eigenschaften genannt: "abhijjhā domanassam" - Begierde und Kummer, die erkannt und überwunden werden sollten. Diese bringen das Verhalten von "Anhaftung/Ergreifen" und "Widerstehen" mit sich, die häufig mit Unwissenheit und Täuschung in Verbindung stehen. Mit anderen Worten: diese beiden Worte deuten auf alle drei grundlegenden Befleckungen hin: die Anhaftung, die Abneigung und die Verblendung.

In diesem Zusammenhang sollte die Einstellung der/die Meditierenden gegenüber den Fesseln des Anhaftens und der Abneigung wie das Verhalten eines Richters sein, der seine Urteile ohne Partei zu ergreifen fällt, weil er keine Vorurteile für oder gegen den Kläger oder den Beklagten hat.

 

Vorbereitungen

Nun erinnert man sich an die erwähnten Dinge, die man erwerben, oder die man sich abgewöhnen sollte, und setzt sich mit gekreuzten Beinen und aufrechtem Körper nieder und beginnt mit den Vorbereitungen. Folglich möge er/sie den Geist auf die Körperhaltung richten, wie es vorher erklärt wurde. Nachdem die Haltung wahrgenommen und der Körper in die Position gebracht ist, wird der Geist die Achtsamkeit auf den Prozess des Atmens richten. Sollte er das nicht tun, möge die/der Meditierende den Geist auf die edlen Qualitäten des Buddha richten und für eine Weile über sie nachdenken, um Ruhe zu erreichen.

Auch Mettā bhāvanā (Meditation über die liebende Güte) ist eine geeignete Methode. Wenn Körper und Geist beruhigt sind, sollte der Geist (d.h. seine Achtsamkeit - Bemerkung der Übersetzerin) auf den natürlichen Prozess des Ein- und Ausatmens gerichtet werden.

 

Der Anfang

Wenn sich die/der Meditierende(r) zur Übung niedersetzt, möge sie/er sich die erforderlichen Qualitäten in Erinnerung rufen, die Vorbereitungen beenden und mit der Meditation beginnen, indem sie/er den Geist auf das Atmen richtet, das allmählich wahrgenommen wird. Die Wahrnehmung des Kontaktpunktes des Ein- bzw. Ausatmens an der Nasenspitze ist für den ruhigen Geist deutlich und klar. Bis der Berührungspunkt des Atems klar wahrgenommen wird, möge man mit dem geistigen Visualisieren der Körperhaltung fortfahren. Danach sollte der Punkt des Atem-Kontaktes geistig vermerkt werden. Wenn die/der Meditierende das eine Weile achtsam geistig notiert, wird er bemerken, dass der Kontakt entweder an der linken oder an der rechten Nasenspitze stärker wahrnehmbar ist, als an der anderen. Nachdem sie/er das festgestellt und geistig in Einzelheiten notiert hat, fixiert sie/er die Achtsamkeit auf diesen Punkt und beobachtet wie sowohl der einströmende, als auch der ausströmende Atem diese Stelle streift. Der Geist soll stets auf diesen Kontaktpunkt gerichtet sein, damit der Kontakt durch den Atem bemerkt und erfahren wird. Den Punkt und die Seite des Kontakts zu vermerken, ist ein äußerst feiner Prozess. Außerdem ist es eine sehr wichtige Aufgabe. Die direkte Erfahrung des Kontaktpunktes wird "Ānāpāna nimitta" (Zeichen des Ein- und Ausatmens) genannt. Die/der Meditierende wird die Wichtigkeit und Wert dieses Zeichens als Grundvoraussetzung für die weitere Arbeit verstehen. Wenn er die Achtsamkeit auf das so erfahrene Zeichen richtet und die Übung vonĀnāpānasati weiterentwickelt, wird dieses Zeichen selbst immer klarer werden.

Der Geist sollte immer auf den Kontaktpunkt fixiert werden. Wenn der Kontakt beim Einatmen wahrgenommen wird, sollte der Geist es als "Einatmen" registrieren. Genauso sollte der Kontakt des Ausatmens wahrgenommen werden. Man sollte aber nicht das "Ein"-, bzw. das "Ausatmen" wörtlich sprechen, denn die Sprache würde die Konzentration unterbrechen.

An diesem Punkt ist es nötig über einen, von einigen Meditierenden begangenen Fehler zu sprechen. Anstatt den Punkt des Berührens zu beobachten, wird der Atem auf seinem Weg verfolgt. Vom Nasenflügel durch den Hals in die Lungen, in den Magen, in den Bauch und mit der Ausatmung wieder heraus aus dem Körper - das ist eine unnötige zusätzliche Arbeit. Es ist ein Hindernis. Verfolgt man den Gang des Atmens, dann geht die Einspitzigkeit des Geistes verloren. Andere benutzen die Methode des Zählens der Atemzüge als Hilfe für die Achtsamkeit. Falls man immer wieder fähig ist, von eins bis zehn ohne die Zahlen zu verwechseln zu zählen, möge man mit dieser Methode fortfahren, um die Einspitzigkeit des Geistes zu erreichen. Andere empfinden diese Methode jedoch wegen der zusätzlichen Arbeit als störend. In diesem Fall sollte man das Zählen lassen.

Die Meditation durch Beobachtung des Atem-Kontakt-Punktes zwecks Erreichen der Einspitzigkeit des Geistes ist im Satipaṭṭhāna-Sutta folgendermaßen beschrieben: "So sato vā assasati, sato passasati" - "Achtsam atmet er ein, achtsam atmet er aus".

Als Erklärung von früheren Meister wird im Visuddhimagga folgendes Gleichnis vom Zähmen eines wilden Ochsen zitiert, das mit dieser Meditation verglichen wird.

Falls man einen im Wald gefangenen wilden Ochsen zu zähmen versucht, muss man das Tier mit einem starken Seil an einem im Boden befestigten Pfosten anbinden. Ähnlich geht es mit dem Fixieren des Geistes der Meditierenden an das mithilfe der Meditation richtig wahrgenommene Zeichen. Achtsamkeit ist das Seil. Der zerstreute Geist wird mit dem wilden Ochsen verglichen. Wegen seiner ungezähmten und wilden Natur ist das Tier am Anfang sehr unruhig. Ähnlich muss der Meditierende verstehen, dass der Geist am Anfang auch unruhig ist. Durch den starken Pfosten und das Seil, das der geübte Bändiger benutzt, wird das wilde Tier am Ende seine Unruhe aufgeben und sich am Fuße des Pfostens niederlegen. In ähnlicher Weise wird die/der Meditierende die allmählich eintretende Beruhigung des Geistes erleben, falls ihr/sein Geist - nicht entmutigt von der anfänglichen Ruhelosigkeit - sich immer wieder auf das Zeichen fixiert.

Mit einem derart kontrollierten Geist achtsam ein- und ausatmend kann ein gewisser Grad der Konzentration (samādhi) erlebt werden, was schon einen guten Fortschritt bedeutet. Später wird es möglich sein, auch die Länge oder die Kürze der Atemzüge zu bemerken. Dann ist die/der Übende fähig, die Anweisungen der ersten beiden Schritte der Ānāpānasati-Meditation (bhāvanā) zu befolgen.

1. "Dīghaṃ vā assasanto dīghaṃ assasāmīti pajānāti
Dīghaṃ vā passasanto dīghaṃ passasāmīti pajānāti."

Lang einatmend weiß er, 'ich atme lange ein',
Lang ausatmend weiß er, 'ich atme lange aus'.

2. "Rassaṃ vā assasanto rassaṃ assasāmīti pajānāti
Rassaṃ vā passasanto rassaṃ passāmīti pajānāti."

Kurz einatmend weiß er, 'ich atme kurz ein',
Kurz ausatmend weiß er, 'ich atme kurz aus'.

Die bedeutet auf keinem Fall, dass man erst lang, dann kurz ein- bzw. ausatmen sollte. Es ist nichts Gewolltes. Es bedeutet lediglich, dass das normale, natürliche Kommen und Gehen des Atmens - sei es kurz oder lang - festgestellt werden sollte. Auf der Kontaktbasis kann das Atmen in drei Kategorien des Ānāpānasati eingeteilt werden: grob, fein und besonders fein. Auf der groben Stufe ist der Kontakt sehr klar, deutlich wahrnehmbar. Auf der feinen Stufe schon weniger klar. Wenn der Atem aber besonders fein ist, ist der Kontakt kaum noch wahrnehmbar.

Ein(e) Meditierende(r), der/dem dieser Aspekt nicht bekannt ist, erhebt sich manchmal enttäuscht aus der Meditationshaltung, eben weil der Kontakt verloren gegangen ist. Was hier passiert, ist weder das Aufhören des Atmens, noch ein Fehler in der Meditation, sondern das durch die Feinheit des Atems verursachte Schwächerwerden der Wahrnehmung. Eigentlich bedeutet es eine besser entwickelte Stufe der Meditation. Ein/e Meditierende/r, der/die das versteht, möge mit der Konzentration auf den Kontaktpunkt fortfahren, auch wenn er/sie den Atem nicht mehr wahrnimmt. Bei dieser Gelegenheit kann das Zeichen besonders wichtig sein. Deshalb muss man den Wert verstehen, der die Erfahrung des Zeichen mit sich bringt. (Aus diesem Grund wurde vorher der Wert dieses Zeichens besonders betont). Bleibt man eine Weile in derselben Position, wird das Zeichen wieder wahrnehmbar, als ob es ein Stück weicher Wollbausch wäre. Stufenweise wird die Wahrnehmung ihre Normalität zurückgewinnen. Der/die sich bis zu dieser Stufe des Ānāpānasati entwickelte Meditierende kann mit gesammeltem Geist von Zeit zu Zeit Lichter in Form von kleinen Sternen zu sehen beginnen. Diese mögen anfänglich ab und zu erscheinen und wieder verschwinden. Man muss trotzdem mit der Konzentration auf das Atemzeichen fortfahren, ohne den Geist mit den Lichtern zu beschäftigen. So wird das Licht-Zeichen (āloka nimitta) langsam gefestigt.

Natürlich sollte man nie mit der Erwartung oder dem Erhoffen vom Erscheinen der Lichter meditieren. Während manche durch Überwinden aller Hindernisse der Meditation eine ganze Menge Zeit brauchen, um diese Phase zu erreichen, könnten andere in Besitz größeren Verdienstes und als Ergebnis früherer Übung ganz schnell Erfolge erleben.


[Hier wurden nur die allerersten Anfänge der Atembetrachtung geschildert.]

 

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