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Bhikkhu-Pātimokkha

Das Hauptregelwerk
der buddhistischen Mönche

 

aus dem Pāli übersetzt,
mit Anmerkungen

von
Bhikkhu Ñāṇadassana Thera

Copyright © 2008 Bhikkhu Ñāṇadassana Thera

Verehrung des Buddha
Steintafel im Museum Mathura


VINAYE TIṬṬHE,
SASANAṂ TIṬṬHAṂ HOTI

WENN DIE VERHALTENSETHIK DAUERT,
DANN DAUERT AUCH DIE LEHRE

 

Abkürzungen

Bemerkung
Der Pāli-Text in diesem Buch, einschließlich der Anmerkungen und der Anhänge, entspricht der Buddhajayantī-Version Sri Lanka. Die Referenzangaben verweisen jedoch im allgemeinen auf die Bücher der PTS (Pāli Text Society), in lateinischer Schrift. Bei folgenden Büchern wurden singhalesische Ausgaben verwendet, da mir die PTS-Ausgaben nicht zugänglich waren: Smps., Sd., Vv., Vm., KAC., Dhtm., Rs., Mog. und Ps. Alle arabischen Ziffern beziehen sich auf die jeweilige Seite, z.B. [MV. 16] oder [Smps. 214], außer wenn anders angegeben, z.B. Kapitel: [MV. Kap. 6] oder Sutta-Nummer: [D. Nr. 16].

Vinaya-Piṭaka

MV. = Vin I Mahāvagga
CV. = Vin II Cullavagga
Pj. = Vin III Pārājikā, Saṅghādisesā, Aniyatā, Nissaggiyā pācittiyā
Pāc. = Vin IV Pācittiya, Pāṭidesanīyā, Sekhiyā, Adhakaraṇasamathā
PV. = Vin V Parivārā
B.D. = Book of Discipline, I.B. Horner, PTS - Englische Übersetzung

<Gemäß des ersten Konziles (saṅgīti) in Rājagaha und der singhalesischen und anderer Traditionen ist die Reihenfolge:
Pj. = I; Pāc. = II; MV. = III; CV. = IV; PV. = V.

<PTS-Pāli jedoch weicht von dieser Einteilung ab. I.B. Horner in ihrer Übersetzung (B.D.) folgt wieder der traditionellen Einteilung.>

Vinaya-Kommentare (+ A)

Smps. = Samantapasādikā (VA), S. Hewavitarne Bequest, 1929/48
Khvt. = Kaṅkhāvitaraṇī <Kurzkommentar zum Pātimokkha>, PTS

Vinaya-Subkommentare

Sd. = Sārattha-dīpanī Vijjattha Press, 1933
Vv. = Vimati-vinodanī Luxman Press, 1935
Vm. = Vinayattha-mañjūsā Ginalankara Press, 1912

Sutta / Abhidhamma & Kommentare

D. = Dīgha - Nikāya
M. = Majjhima - Nikāya
A. = Aṇguttara - Nikāya
S. = Saṃyutta - Nikāya
Sn. = Sutta - Nipāta [Vers-Nr.]
It. = Itivuttaka
J. = Jātaka
Dhs. = Dhammasaṅgaṇī [§]
Vib. = Vibhaṅga
Mil. = Milindapañha
Vism. = Visuddhimagga

Ein 'A' nach 'D', 'M', 'S' usw. verweist auf den Kommentar (Aṭṭhakathā)
z.B.: DA = Dīghanikāya-Aṭṭhakathā

Pāli-Grammatiken

KAC. = Kaccāyanavyākaraṇaṃ <älteste und vollständigste Standard-Grammatik, beruhend auf dem Pāli-Kanon
Dhtm. = Kaccāyana-Dhātumañjūsā (Wurzelverzeichnis gemäß KAC.)
Rs. = Mahā Rūpa-siddhi <Zusammenstellung, beruhend auf KAC.)
MOG. = Moggallāna-vyākaraṇaṃ
Ps. = Payoga-siddhi <Zusammenstellung, beruhend auf MOG.)
Dhtp. = Dhātupātha-vilāsinī (Wurzelverzeichnis)
PGP. = 'A Practical Grammar of the Pāli-Language'; Charles Duroiselle;
Rangoon; British Burma Press, 1921
PME. = 'Pāli Made Easy'; Ven. Ānanda Maitreya; Shizuoka Japan; SIS,
1993
IP. = 'Introduction to Pāli'; A.K. Warder; PTS, Publ. 1984

Wörterbücher

Abhp. = Abhidhānappadīpikā <Wörterbuch der Pāli-Synonyme
Abhps. = Abhidhānappadīpikā-sūci (Schlüssel zum Abhp.)
PED. = Pāli-English Dictionary; PTS Publ. 1979
WD. = Websters new collegiate Dictionary
MTL. = Meyers Taschenlexikon, Manheim 1989

Allgemeine Abkürzungen

Abb. = Abbildung
Anh. = Anhang
Anm. = Anmerkung
Kap. = Kapitel
NB = Nebenbemerkung
Nr. = Nummer (von Sikkhāpada, Sutta, Diskussion)
od. = oder
PTS. = Pāli Text Society
R: = grammatikalische Regel
S. = Seite
s. = siehe
usw. = und so weiter
vgl. = vergleiche
Wtb. = Wörterbuch
wtl. = wörtlich
z.B. = zum Beispiel

Zeichen

{...} = Ergänzung aus dem Suttavibhaṅga
<...> = Erläuterung des Übersetzers
(...) = Äquivalent
[...] = Referenzangabe
= ungefähr
= Vollmond
= Neumond
◐ ◑ = Halbmond

 

Einführung

Pātimokkha

Die Kopfzeile Pātimokkha ist der Titel für die Verhaltensethik (Vinaya) der buddhistischen Mönche1, so wie sie vom historischen Buddha überliefert ist. Genauer gesagt, ist es die Kopfzeile zu Vin., Band III (Pj.) und IV (Pāc.), aus dem fünfbändigen Werk zur Verhaltensethik (Vinaya-piṭaka). Es ist das Hauptregelwerk, welches auch manchmal nur als Sutta (Grundtext / <Ordens->satzung) [CV. 97; PED] oder Mātika (Code / Register) [MV. 337] bezeichnet wird. In Vin. Band III und IV ist es durch seine Analyse (Vibhaṅga) erläutert. Daher auch der Ausdruck Suttavibhaṅga [CV. 97].

Weshalb aber heißt es das 'Hauptregelwerk'? Der Erhabene gab diese Antwort: "Dies ist der Anfang (ādi), dies ist das Haupt (mukha), dies ist die Spitze (pamukha) der karmisch-heilsamen Regeln (kusalānaṃ dhammana?). Deshalb heißt es das 'Hauptregelwerk'2. Oder wie es in Khvt. 1 ausgedrückt ist:

"Die Spitze der fehlerfreien Regeln,
Die vom großen, weisen Buddha
Zum Hauptregelwerk erklärt worden ist,
Das als Eingangstor zur Erlösung gilt."

Dort wird die Etymologie wie folgt angegeben:
pa (vor) + ati (ober) + mokkhaṃ (Haupt) = pātimokkhaṃ
oder:
ati (an der) + pamokkhaṃ (Spitze) = pātimokkhaṃ.
Die Bedeutung ist: ati-seṭṭhaṃ (äußerst, unübertroffen), ati-uttamaṃ (allerhöchst).

Denn in einem solchen Zusammenhang sind einige Synonyme im Tipiṭaka für das Wort mokkhaṃ, wie in Reihe folgt: "Aggaṃ - seṭṭhaṃ - mokkhaṃ - uttamaṃ - pavaraṃ" [Pj. 133; A II, 95 usw.]
Man findet auch den folgenden Satz [im MV. 24]: "Der Uruvelakassapa ..... ist der Führer (nāyako), Anführer (vināyako), der Oberste (aggo), die Spitze (pamukkho) und das Oberhaupt (pāmokkho) von 500 Jāṭila-Asketen"; oder des öfteren: "Buddha-pamukha-bhikkhu-saṅgho" (Der Mönchsorden mit dem Buddha an der Spitze).

Wie mukha zu mokkha und pamukha zu pāmokkha wurde, siehe Anhang II, Diskussion Nr. 2.
[Anm.: in der Internet-Datei nicht verfügbar]

Sittlichkeit und hohe Sittlichkeit

Was aber genau ist dieser Anfang, dieses Haupt, diese Spitze? Die hohe Sittlichkeit (Adhi-sīla) in diesen Ausführungen machte es zum 'Hauptregelwerk'. Denn vom didaktischen Aspekt her, wer diese Sittlichkeit bewahrt und innehält (pāti), den erlöst sie (mokkheti) und befreit ihn (mocayati) von den Leiden, den höllischen usw., oder von den Ängsten, wie der Selbstbeschuldigung usw.3 Vom literarischen Aspekt her ist jedoch die Vorsilbe 'ati' in der Wortbildung pa + ati + mokkhaṃ hier eingefügt, um diesen hohen und unübertroffenen Status anzudeuten.
Daher gibt es eine Unterscheidung zwischen gewöhnlicher Sittlichkeit (Sīla), die einfach als "Sīlaṃ eva uttamaṃ, sclaṃ pāmokkhaṃ" [J. I, 369] ohne ati angegeben ist und der höheren Sittlichkeit (Adhi-sīla), so wie es folgendermaßen erklärt wurde: "Erstens die Sittlichkeit mit den fünf Gliedern (pañcaṅga): Enthaltung vom 1. Töten jeglicher Lebewesen; 2. Stehlen; 3. falschem Benehmen im <sexuellen> Sinnesvergnügen; 4. Lügen; und 5. Trinken von gebrannten oder ungebrannten alkoholischen Getränken, die eine Grundlage für Unachtsamkeit sind> und zweitens, die der zehn Glieder (dasaṅga): die vorher genannten fünf und Enthaltung von 6. Essen nach der Mittagszeit; 7. Tanzen, Singen, Musik und Schauspielen <Theatervorführungen, Unterhaltungsfilme sehen, hören und machen>; 8. Tragen, bzw. Benutzen von Blumen, Kränzen, Parfüm, Kosmetika, die den Zweck der Verzierung und der Verschönerung haben; 9. Benutzen von hochbeinigen und breiten Betten und Sitzen; und 10. Empfangen von Gold und Silber/Geld85>, ist eben nur Sittlichkeit. Ob nun Buddhas erscheinen oder nicht, diese Sittlichkeit existiert sowieso in der Welt. Wenn Buddhas erscheinen, dann spornen sie und ihre Schüler die Leute in dieser Sittlichkeit an. Wenn Buddhas nicht erscheinen, dann sind es die Einzelerleuchteten (Paccekabuddha), die karmagläubigen und gerechten Einsiedler und Geistlichen, der große Kaiser "Cakkavatti" und die Mahābodhisattas, die sie anspornen. Einsiedler, weise Männer und Geistliche übernehmen diese Sittlichkeit aus sich selbst heraus. Alle diese Menschen, die diese karmisch-heilsamen Regeln erfüllt haben, genießen Seligkeit unter Göttern und Menschen. Die Sittlichkeit aber durch die Selbstbeherrschung gemäß dem Hauptregelwerk (pātimokkha-saṃvarasīlaṃ) heißt höhere Sittlichkeit, weil wie unter den Glühwürmchen die Sonne und unter den Bergen "Sineru"4 die höchsten sind, so ist von allen weltlichen Sittlichkeiten diese die höchste. Sie kommt nur während der Existenz eines Buddhas vor, nicht ohne eines solchen Erscheinung, weil kein anderes Wesen sie erlassen und sie unter den Menschen festigen kann. Nur die Buddhas, die den Strom des schlechten Benehmens durch das Tor des Körpers und der Rede ganz und gar zum Versiegen bringen, erlassen für dieses oder jenes Fehlverhalten diese - maßgeschneiderte - Sittlichkeit zur Selbstbeherrschung." [Smps. 173]

Befreiung

Vom psychoethischen Aspekt her ist Sittlichkeit der karmisch-heilsame Wille (kusala-cetanā), der sich als Reinheit in Gedanken, Worten und Werken äußert. [s. A. I, 271] Schamgefühl (hiri) und Gewissensscheu (ottappa) sind ihre Grundlage. Denn sind Schamgefühl und Gewissensscheu anwesend, so entsteht Sittlichkeit und dauert an; fehlen diese aber, so kann Sittlichkeit weder entstehen noch andauern. [Vism. 9]

Wenn völlig geläutert, bildet die Sittlichkeit die erste von den drei Schulungen (sikkhā), nämlich hohe Sittlichkeits-, Geistes- und Weisheitsschulung (adhi-sīla, -citta, -paññāsikkhā), und damit die Grundlage und den Ausgangspunkt [S. V, 143] der ganzen Praxis zur Befreiung. In D. II, 81 heißt es: "Von Sittlichkeit durchdrungen bringt die Geistessammlung große Ergebnisse und Vorteile. Von Geistessammlung durchdrungen bringt die Weisheit große Ergebnisse und Vorteile. Von Weisheit durchdrungen wird der Geist völlig von allen Trieben (āsavas) befreit."

Die höhere Sittlichkeit besteht aus 227 Schulungsregeln (sikkhāpadā; 311 für die Nonnen), die in fünf Rezitationen (uddesā) eingeteilt sind. Sie werden seit der Lebenszeit des Erhabenen halbmonatlich (am Uposatha) in einer Versammlung der Mönche (Nonnen) rezitiert. Diese vom Erhabenen erlassenen Sittlichkeit, die auf verschiedene und besondere Art und Weise die Beherrschung von Körper und Rede erfordert, heißt ebenso Vinaya (vi+Wz.:nī = führen, leiten, lenken, verhalten <hier im ethischen Sinn>). Und so wie der große Ozean nur einen Geschmack hat, nämlich den von Salz, eben so hat auch diese Lehre und Verhaltensethik (Vinaya) nur einen Geschmack, nämlich den der Befreiung (Vimuttirasaṃ). [CV. 239]

Sich deshalb gemäß den Büchern der Verhaltensethik zu üben, und die der Verhaltensethik entsprechende Sittlichkeit durch Selbstbeherrschung gemäß dem Hauptregelwerk zu erfüllen, hat ausschließlich die eigene Befreiung vom Leiden der beständigen Daseinswanderung (Saṃsāra-dukkha), des immer wieder Geborenwerdens, Alterns, Erkrankens und Sterbens. Denn der Erhabene lehrte: "Durch das Nichtverstehen, Nichtdurchdringen der edlen Sittlichkeit ... Geistessammlung ... Weisheit ... und Befreiung, haben sowohl ich als auch ihr lange Zeit Geburten durchwandert und durcheilt ....." [D. II, 122] Durch das Lernen, Verstehen, Ausüben und Durchdringen der edlen Sittlichkeit und Verhaltensethik erfolgt jedoch die eigene Befreiung und auch die lange Dauerhaftigkeit der Botschaft (Sāsana; ganze Lehre). Deswegen wurde gesagt: "Solange die Vinaya-Bücher nicht zerstört sind, dauert die Botschaft weiter an, selbst wenn die Sutta- und Abhidhamma-Bücher in Vergessenheit geraten." [MV. 98]

"Die wahre Lehre (saddhamma) wird also fortgeführt wenn die Verhaltensethik andauert, d.i. die Codi, Analysen und die Khandhakas (= MV. & CV.)." [PV. 87] Denn "die Verhaltensethik betrifft das Lebensalter der Botschaft der Buddhas. Wenn die Verhaltensethik dauert, dann dauert auch die Botschaft."5 Und nachdem der Erhabene in das vollständige (Pari-)Nibbāna eingegangen ist, bleiben eben die Lehre und die Verhaltensethik der Meister, so wie der Erhabene es bestimmte.6 Deshalb, und nicht aus materieller und ähnlicher Absicht, sondern um allem Leiden zu entkommen und auf dem Weg zur Verwirklichung des Nibbāna (Begehrenslosigkeit) voran zu kommen, übertreten die Schüler (Sāvakā) des Erhabenen auch nicht um des Lebens willen die Schulungsregeln, die der Erhabene für seine Schüler erlassen hat; so wie auch der Ozean stabil ist und seine Ufer nicht übertritt. [CV. 238] Daraus folgt eigentlich, dass diejenigen, die sie bewusst übertreten, eben nicht mehr seine Schüler sind.

Die winzigen und geringen Schulungsregeln
(Khuddānukhuddakāni sikkhāpadāni)

Es gibt eine Textstelle [in D. II, 154] wo der Buddha kurz vor seinem Parinibbāna den Ehrw. Ānanda anwies: Wenn der Orden es wünscht, Ānanda, möge er nach meinem Ableben die winzigen und geringen Schulungsregeln abschaffen (samūhanatu)."

Man kann sich darüber wundern, weswegen eigentlich der Buddha diese Angabe nicht mit bestimmten Wörtern auf diese Weise formuliert hat: "Schafft sie ab (samūhanatha)", sondern statt dessen unbestimmte Wörter: "Wenn der Orden es wünscht", benutzt hat. Außerdem hat er niemals eine Demarkationslinie gezogen: "Diese sind die winzigen und geringen Schulungsregeln und restlichen sind es nicht." Auch hat es der Ehrw. Ānanda versäumt ihn zu fragen, welche Regeln als "gering" gelten.

War dann vielleicht die oben genannte unbestimmte Angabe dafür gedacht, die Mönche auf die Probe zu stellen? Was auch immer der Fall sei, seine wahren Schüler mit dem Ehrw. Mahākassapa an der Spitze, haben diese nicht abgeschafft. [s. CV. Kap. 11 & 12] Teilweise, weil keine Demarkationslinie gezogen war und auch einige (unbekannte ekacce) Theras verschiedene Meinungen darüber geäußert haben, und größtenteils, weil sie absolute Vollmacht hatten, diese nicht abzuschaffen. Denn während seiner Lebenszeit erteilte der Buddha den Mönchen (Orden) die völlige Verantwortung der Pātimokkharezitation [CV. 240; s. Anm. 11] und die Vollmacht für alle Vinayaverfahren. Außerdem wurden sie vom Ehrw. Mahākassapa an die Worte des Erhabenen erinnert, die die Einigkeit und Harmonie des Ordens zum Ausdruck bringen: "Solange die Mönche keine Schulungsregeln erlassen, die ich nicht erlassen habe, keine Schulungsregeln abschaffen, die ich erlassen habe, und sich in den auf sich genommenen Schulungsregeln üben, so wie ich sie erlassen habe, dann hat man nur Wachstum (Fortschritt) für die Mönche zu erwarten und keinen Untergang." [D. II, 77]

Der Erhabene erwähnte ja auch mehrere Male, dass die Schulungsregeln, einschließlich der winzigen und geringen, nicht nutzlos (anavañjjhāni) sind. [A. I, 234]

Aus diesen und anderen Gründen haben fünfhundert Arahats, die sich des Wertes der Schulungsregeln bewusst waren, die die vier analytischen Wissen (Paṭisambhidā) erreicht hatten, die meisten von ihnen vom Buddha als "höchst" (etadagga) erklärt wurden, alle Älteren, seit langer Zeit im Mönchsleben stehend, und Väter und Leiter des Ordens, mit einem Antrag, einem Beschluss und drei Endurteilen endgültig entschieden, diese nicht abzuschaffen. Es bleibt auch zweifelhaft, ob sie sie abgeschafft hätten, selbst wenn vom Erhabenen die Demarkationslinie gezogen worden wäre.

Viele Generationen von Schülern haben sie auch nicht abgeschafft. Im Gegenteil, sie bewahrten sie wie ihr Leben. Denn sie erinnerten sich an die Worte des Buddha: "Solange die Mönche jene Mönche hoch achten und ehren, die Ältere sind, seit langer Zeit im Mönchsleben stehend, Väter und Leiter des Ordens (saṅgha-pitaro, -parināyakā) sind, und gedenken ihre Worte anzuhören und ihnen nachzufolgen, dann hat man nur Wachstum für die Mönche zu erwarten und keinen Untergang." [D. II, 77]
Lies auch Pāc. 54, Anm. 137 und Pāc. 72.

Neuere Zeit

Die ganze Lehre und Verhaltensethik des Buddha ist an kein Zeitalter gebunden oder beschränkt und nachdem sie in die Praxis umgesetzt wird, braucht man zu keiner Zeit um eigene gute Ergebnisse zu fürchten. Deshalb heißt sie 'A-kālika' [A. I, 221]. Und der Erhabene drückt sich sehr bestimmt aus: "Wenn die Mönche richtig (sammā) verweilen, dann wird die Welt nicht leer (a-suñña) von Arahats." [D. II, 151]

Begierde und Gier; Zorn, Ärger, Hass und Aggression; Verwirrung, Täuschung und Verblendung, vulgäres und unziemliches Benehmen, hauptsächlich durch die Geistesbefleckungen / Leidenschaften (kilesas) verursacht und unter den Menschen vor und während der Lebenszeit des Buddha vorherrschend, all diese existieren auch heutzutage in der selben oder in noch schlimmerer Art und Weise. Für diejenigen, die von jeder Art und Form niedrigen körperlichen und verbalen Verhaltens angewidert sind und den edlen Zustand der sieben Stufen der Reinheit (Sittlichkeits-, Geistes-, Ansichtsreinheit usw.) erreichen möchten, ist dieses Vinayabuch ein ausgezeichneter Berater, der den Weg (magga) durch Selbstbeherrschung dahin zeigt, denn es wurde gesagt: "Die Verhaltensethik (vinaya) hat die Selbstbeherrschung (saṃvāra) zum Zweck, die Selbstbeherrschung die Reuelosigkeit, - die Begeisterung, - die Freude, - die Stille, - die Glückseligkeit, - die Geistessammlung, - ... das völlige Nibbāna. Dies also ist der Zweck der Belehrung, ..... des Hinhörens, nämlich die Erlösung des Geistes ohne Anhaftung (anupādā cittassa vimokkho)." [PV. 164]

"Pātimokkha" ist also nicht nur ein Studierbuch, sondern es ist vielmehr die Sittlichkeit in den Schulungsregeln, die von den Schülern in die Praxis umgesetzt und bewahrt werden soll. Es behandelt mannigfache Themen besonderer Art, Schulungsregeln, die vom Erhabenen für die Mönche aus zehn Gründen erlassen wurden: "1. zum Wohle des Ordens; 2. zur Erleichterung des Ordenslebens; 3. zur Kontrolle der übelgesinnten (unsittlichen) Personen; 4. zum angenehmen Verweilen der sittlichen Mönche; 5. für die Selbstbeherrschung gegenüber Trieben (āsavā) während dieses Lebens; 6. zur Abwehr von Trieben in zukünftigen Leben; 7. zur Überzeugung derer, die <noch> keine Überzeugung haben; 8. zur Mehrung der Überzeugung derer, die bereits Überzeugung besitzen; 9. für die Dauerhaftigkeit der wahren Lehre (saddhammaṭṭhitiyā); und 10. zur Unterstützung der Verhaltensethik." [Pj. 21]

Gerade wegen dieser Schulungsregeln bemerkt man einen großen Unterschied zwischen dem Orden und der Laiengemeinde. Deshalb hat der Erhabene den Mönchen geraten über diese Tatsache täglich (abhiṇhaṃ) nachzudenken: "Ich habe eine andere Erscheinung <mit Schale und Gewand usw.> angenommen ..... Ich soll mich in einer anderen Manier benehmen ..... Tadelt mich mein Gewissen <wtl.: Selbst> nicht wegen meiner Sittlichkeit? ..... Tadeln mich meine verständigen Gefährten im Reinheitswandel, die es erfahren haben, nicht wegen meiner Sittlichkeit?" [Dasadhamma-Sutta A. V, 87]

Es bleibt zu hoffen, dass dieses Buch seinen Zweck erfüllt, die Potenz und das Gewicht des Buddhawortes in Bezug auf die Sittlichkeit im Hauptregelwerk zu überliefern und eine Hilfe zum Fortbestehen von Uposatha und Vinaya zu sein. Es liegt in diesem Umfang erstmals in Deutsch vor. Möge sich der Orden in Übereinstimmung versammeln, in Übereinstimmung Sitzungen schließen und in Übereinstimmung die Ordensaufgaben ausführen.


Bhikkhu Ñāṇadassana

 

Sutten zum Thema

Die Vorteile der Sittlichkeit

"Da ist ein Mönch sittenrein, er beherrscht sich durch die Selbstbeherrschung gemäß dem Pātimokkha, ist vollkommen in Wandel und Umgang und, in den geringsten Fehlern Gefahr erblickend, übt er sich in den auf sich genommenen Schulungsregeln. Keine neue <zur Wiedergeburt führende> Tat (Karma) begeht er und die alte Tat macht er wenn immer ihn ihre Wirkung trifft zunichte. Dies ist die klar sichtbare Versiegung <der Geistesbefleckungen>, die unmittelbar wirksam ist (an keine Zeit gebunden akālika), einladend, zum Ziel führend, jedem Verständigen erfahrbar und verständlich." [A. I, 22]

"So sind diese guten Sitten zum Nutzen der Reuelosigkeit, zum Vorteil der Reuelosigkeit. Die Reuelosigkeit ist zum Nutzen der Begeisterung, zum Vorteil der Begeisterung. Die Begeisterung ist zum Nutzen der Freude, zum Vorteil der Freude. Die Freude ist zum Nutzen der Stille, zum Vorteil der Stille. Die Stille ist zum Nutzen der Glückseligkeit, zum Vorteil der Glückseligkeit. Die Glückseligkeit ist zum Nutzen der Geistessammlung, zum Vorteil der Geistessammlung. Die Geistessammlung ist zum Nutzen der Kenntnis und der Einsicht in die Wirklichkeit, zum Vorteil der Kenntnis und der Einsicht in die Wirklichkeit. Die Kenntnis und die Einsicht in die Wirklichkeit sind zum Nutzen der Abscheu und der Begierdelosigkeit, zum Vorteil der Abscheu und der Begierdelosigkeit. Die Abscheu und die Begierdelosigkeit sind zum Nutzen der Befreiung und der Kenntnis und der Einsicht, zum Vorteil der Befreiung und der Kenntnis und der Einsicht. So führen diese guten Sitten allmählich zum Gipfel." [A. V, 2]

"Es gibt, Freund Ānanda, diese guten Sitten, die vom Erhabenen ausgesprochen wurden. Zu welchem Nutzen sind diese guten Sitten vom Erhabenen ausgesprochen worden?" - "Sehr gut, sehr gut, Bhadda, angenehm ist deine Weisheit, angenehm dein Geist, wohl ist deine Frage. ..... Diese guten Sitten, o Bhadda, die vom Erhabenen ausgesprochen wurden, sind nur so viel, wie zum Nutzen der Kultivierung der vier Grundlagen der Achtsamkeit (Satipaṭṭhāna)." [S. V, 171]


Nachteile des sittlichen Verfalles

"Da sind diese vier Befleckungen, o Mönche, der Sonne und des Mondes, bei welchen die Sonne und der Mond nicht brennen, nicht leuchten und nicht strahlen. Welche vier? Wolken ... Nebel ... Rauch ... und Verfinsterung. Genau so, o Mönche, gibt es da vier Befleckungen der Einsiedler und Geistlichen, bei welchen manche Einsiedler und Geistliche nicht brennen, nicht leuchten und nicht strahlen. Welche vier?

Es gibt da, o Mönche, manche Einsiedler und Geistliche, die gebrannte oder ungebrannte alkoholische Getränke trinken ..., die Geschlechtsverkehr ausüben ..., die Gold und Silber/Geld52 annehmen ..., die von falschem Lebensunterhalt leben und sich nicht <von diesen> enthalten ... Diese, o Mönche, sind die vier Befleckungen der Einsiedler und Geistlichen.

Verwirrt, blind, ihrer Wünsche Sklaven,
von heftiger Begierde voll,
vergrößern sie die Leichenfelder
durch immer wieder Nehmen von Geburt." [A. II, 53]

"Wenn da ein Mann, der gezügelt werden muss, sich nicht der Verhaltensethik fügt, dann empfindet der Tathāgata es nicht als wert, diesen Mann anzusprechen und zu belehren, noch empfinden es seine verständigen Gefährten im Reinheitswandel es als wert, ihn anzusprechen und zu belehren. Dies ist die Hinrichtung, ....., in der Verhaltensethik der Edlen, wenn weder der Tathāgata ... noch seine verständigen Gefährten im Reinheitswandel es als wert empfinden, ihn anzusprechen und zu belehren." [A. II, 112]

 

 

Ergänzende Anmerkung zur Internet-Veröffentlichung:

Es wurden hier die Anhänge I und II weg gelassen. Auch wurden hier keine Verknüpfungen der Fußnoten/Anmerkungen programmiert. Die Anmerkungen wurden jedoch vollständig übernommen.

Es wird auf die gedruckte Ausgabe, die "Dritte überarbeitete Auflage" verwiesen, welche vom Dhamma-Dana-Projekt der Buddhstischen Gesellschaft München, sowie beim Verlag Beyerlein & Steinschulte zu beziehen ist.

 

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